Auf Stammtischweisheiten sollte man sich
besser nicht verlassen, wenn es darum geht, was im Straßenverkehr
erlaubt und was verboten ist. Das sagt der auf Verkehrsrecht
spezialisierte Rechtsanwalt Michael Winter aus Kornwestheim. „Die
Folgen könnten teuer werden.“

Kornwestheim (dapd). Auf Stammtischweisheiten sollte man sich
besser nicht verlassen, wenn es darum geht, was im Straßenverkehr
erlaubt und was verboten ist. Das sagt der auf Verkehrsrecht
spezialisierte Rechtsanwalt Michael Winter aus Kornwestheim. „Die
Folgen könnten teuer werden.“

„Bei einem Unfall an Zebrastreifen oder an einer Fußgängerampel
hat beispielsweise nicht grundsätzlich der Autofahrer Schuld“,
erläutert der Jurist. Der Autofahrer müsse zwar dem Fußgänger das
Überqueren der Fahrbahn ermöglichen. Dieser aber habe sich vorher
ausreichend über das gefahrlose Überqueren der Straße zu
vergewissern. Sonst trage er eine Mitschuld.

Sehr beliebt sei ebenfalls die vermeintliche Regel, nach einem
kleinen Parkrempler reiche ein Zettel hinter der Windschutzscheibe
mit den Personalien aus, um den Fahrer des beschädigten Fahrzeugs zu
informieren. „Nach einem Parkunfall muss der Verursacher mindestens
20 Minuten warten“, stellt Winter klar. Laut Gesetz solle die
Wartezeit „angemessen“ sein.

Und dies sei vom Einzelfall abhängig: Bei einem kleinen Rempler
im Berufsverkehr reiche weniger Zeit als nachts auf einer
abgelegenen Landstraße. „Ist der Fahrer trotz Wartezeit nicht
aufgetaucht und ist der Schaden höher als 50 Euro, so müssen Sie die
Polizei rufen. Sonst begehen Sie Fahrerflucht und machen sich
strafbar“, betont der Rechtsanwalt.

Zwtl.: Verkehr nicht durch Schleichen behindern

Zu den beliebten Irrtümern zähle auch die Ansicht, man könne so
langsam fahren, wie man wolle. Tatsächlich aber gibt es auf
bestimmten Straßen eine Mindestgeschwindigkeit. Auf Autobahnen
dürfen laut Straßenverkehrsordnung nur Fahrzeuge unterwegs sein, die
schneller als 60 Kilometer pro Stunde fahren können. Mofas, Mopeds
und Traktoren sind auf Autobahnen also generell verboten.
„Grundsätzlich gilt, durch unangemessen langsame Fahrt darf der
Verkehr nicht behindert werden“, sagt Winter.

Immer wieder zu beobachten sind Missverständnisse vor dem Ende
einer Fahrspur. Hier gelte nicht, sich so frühzeitig wie möglich
einzuordnen, sondern bis zum Ende der Spur vorzufahren. „Damit das
Reißverschlussprinzip funktioniert, muss auf beiden Spuren möglichst
weit vorgefahren werden, um die Fläche der Fahrbahn bestmöglich
auszunutzen. Erst direkt vor der Engstelle sollen sich die Fahrzeuge
abwechselnd einordnen“, legt Winter Autofahrern ans Herz.

Zwtl.: Rechts überholen ist erlaubt

Der Anwalt macht auf einen weiteren Irrtum aufmerksam: Rechts
überholen ist immer verboten. „So einfach ist das nicht“, erinnert
Winter an Fahrschulwissen: „Rechts überholen ist beispielsweise
erlaubt, innerorts wo Fahrstreifen markiert sind; wenn auf der Spur
eine Kolonne langsam fährt (maximal 60 Kilometer pro Stunde), dürfen
Einzelfahrzeuge rechts vorsichtig mit leicht höherer Geschwindigkeit
überholen (maximal 20 Kilometer pro Stunde mehr); wenn zwei Kolonnen
nebeneinander fahren, dürfen sie sich gegenseitig überholen; auf
nebeneinander mit Pfeilen markierten Fahrstreifen darf rechts
überholt werden.“

Rechts überholen sei zudem auf Beschleunigungsstreifen erlaubt,
„jedoch nicht auf Verzögerungsstreifen“.

Immer wieder zu beobachten ist, dass Autofahrer mit Hupe und
Lichthupe auf der linken Fahrspur ihrer Überholabsicht Nachdruck
verleihen wollen. „Wenn man das übertreibt, kann dies Nötigung
sein“, gibt Winter zu bedenken. Dabei seien die Grenzen fließend,
sozusagen von Richter zu Richter.

Zwtl.: Rechts vor links gilt nicht

Verwirrung beobachtet Winter immer wieder auf öffentlichen
Parkplätzen, bei der Frage, wer Vorfahrt hat. „Rechts vor links gilt
nur an Kreuzungen und Einmündungen, an denen kein Verkehrszeichen
die Vorfahrt regelt. Fahrgassen auf öffentlichen Parkplätzen sind
aber keine Straßen“, erläutert Winter. Also gebe es dort auch keine
Kreuzungen oder Einmündungen und deshalb gelte dort die
Vorfahrtregel nicht. Die Fahrer müssten sich verständigen. Aber:
„Nie darauf vertrauen, dass der andere Autofahrer darüber Bescheid
weiß“, mahnt Winter.

Der Anwalt räumt mit einer weiteren Stammtischweisheit auf.
Danach habe ein Polizist im Dienst stets eine Mütze als Zeichen
seiner Autorität zu trage. „Quatsch“, befindet der Rechtsanwalt,
„auch ohne die Kopfbedeckung hat er alle Befugnisse.“

Und wer einen Bußgeldbescheid bekomme, im dem der Name falsch
geschrieben sei, sollte nicht meinen, er sei aus dem Schneider und
der Bescheid ungültig. „Für dessen Wirksamkeit reicht es aus, dass
der Betroffene erkennen kann, wer gemeint ist“, sagt Winter.

dapd.djn/T2013012100156/nom/K2120/mwa

(Kornwestheim)