London (dapd). Menschen, die im Kindesalter mehrfach per Computertomograph (CT) untersucht wurden, weisen ein leicht erhöhtes Risiko für Leukämie und Hirntumore auf. Das geht aus einer Langzeitstudie hervor, deren Ergebnisse im britischen Fachjournal "The Lancet" veröffentlicht wurden. Anerkannte Krebsforscher aus England und den USA schränken diese Gefahr jedoch mit dem deutlichen Hinweis darauf ein, dass akut angezeigte und erforderliche CT-Untersuchungen dennoch nicht ausgelassen werden sollten. In diesem Zusammenhang wird auch darauf verwiesen, dass sich die Technologie permanent verbessere und immer strahlungsarmer werde.
Die Studie basiert auf der Beobachtung von 180.000 Patienten unter 22 Jahren, die zwischen 1985 und 2002 in britischen Krankenhäusern im CT-Scan waren. Die Wissenschaftler verfolgten die gesundheitliche Folgeentwicklung der Betroffenen weitere sechs Jahre. Bei 74 Probanden trat in diesem Zeitraum Leukämie auf, bei weiteren 135 entwickelte sich ein Hirntumor.
Studienleiter Mark Pearce von der Universität Newcastle fasst zusammen, dass sich die Gefahr eines Hirntumors nach zwei bis drei CT-Scans im Kindes- und Jugendalter demnach etwa verdreifache. Das Leukämierisiko steige nach fünf bis zehn Anwendungen ebenfalls um den Faktor Drei. Statistisch betrachtet sei damit einer von 600 Patienten in der Altersgruppe von Leukämie betroffen.
"CT-Scans sind medizinisch in vielen Fällen sehr hilfreich, weisen aber im Vergleich zum Röntgen eine deutlich höhere Strahlungsintensität auf", erklärt Pearce. Seit der Einführung der Technologie vor 30 Jahren sei die Zahl der CT-Untersuchungen rapide angestiegen. Das gelte vor allem bei Verletzungen an Kopf, Nacken und Wirbelsäule sowie bei neurologischen Auffälligkeiten.
"Das Risiko einer Folgeerkrankung ist vorhanden, aber der CT-Scan kann im akuten Fall wichtiger sein", urteilt David Spiegelhalter von der Universität Cambridge. Der Mediziner, der nicht an der Studie beteiligt war, ergänzt: "Es ist ein Abwägungsprozess."
Der amerikanische Radiologenverband (ACR) warnt ausdrücklich davor, überängstlich zu sein und gut begründete Untersuchungen nicht durchführen zu lassen. "Eltern sollten auf jeden Fall mögliche Risiken mit den Ärzten besprechen. Sie sollten jedoch nicht Hilfe zurückweisen, die das Leben ihrer Kinder schützen und verlängern kann", sagt Marta Schulman vom ACR. Wenn ein CT-Scan berechtigterweise diagnostisch angezeigt sei, überstiege der Wert der unmittelbaren Erfordernisse und Untersuchungen das relativ geringe Langzeitrisiko, ist sie sich sicher.
Das Forscherteam um Pearce weist auch darauf hin, dass moderne Computertomographen mittlerweile 80 Prozent weniger strahlungsintensiv sind als die älteren Geräte, die im Untersuchungszeitraum im Einsatz waren. Dennoch reichten auch geringe Strahlungsdosen aus, Gene zu verändern und das Krebsrisiko zu erhöhen. Finanziert wurde die Studie vom US-Krebsinstitut und vom britischen Gesundheitsministerium.
dapd