Anleger der englischen Lebensversicherung
Clerical Medical können auf Schadenersatz hoffen. Der
Bundesgerichtshof (BGH) hat am Mittwoch in fünf Grundsatzurteilen
Schadenersatzansprüche der Geschädigten bejaht. Darüber hinaus sei
die Versicherung verpflichtet, die versprochenen Auszahlungen zu
leisten.

Karlsruhe (dapd). Anleger der englischen Lebensversicherung
Clerical Medical können auf Schadenersatz hoffen. Der
Bundesgerichtshof (BGH) hat am Mittwoch in fünf Grundsatzurteilen
Schadenersatzansprüche der Geschädigten bejaht. Darüber hinaus sei
die Versicherung verpflichtet, die versprochenen Auszahlungen zu
leisten.

Die Anleger hatten 2001 und 2002 mit dem Versprechen auf acht
Prozent Rendite oft Hunderttausende von Euro in die Versicherung
„Wealthmaster Nobel“ investiert. Das Geld wurde in der Regel als
Darlehen aufgenommen und in einem Pool angelegt. Es sollte so viel
Rendite bringen, dass pro Quartal Auszahlungen erfolgen sollten und
am Ende der Laufzeit der Kredit zurückgezahlt werden konnte. Aus den
Zinsen sollten im Alter noch zusätzliche Gelder an die Anleger
fließen. Die Prognosen bestätigten sich nicht. Als die vereinbarten
Auszahlungen nicht mehr vom Kapitalwert gedeckt waren, wurde der
investierte Betrag abgeschmolzen.

Der IV. Zivilsenat entschied jetzt, dass die Vertragsunterlagen
keine Einschränkungen enthielten. Die Lebensversicherung sei in
erster Linie ein Anlagegeschäft gewesen. Deshalb sei das Unternehmen
auch verpflichtet gewesen, vollständig zu informieren. Erklärungen
der Vermittler müsse sich das Unternehmen zurechnen lassen, da sie
diesen den Vertrieb in Deutschland mit den damit verbundenen
Aufgaben überlassen habe.

Es seien bei Vertragsabschluss auch Aufklärungspflichten verletzt
worden. Denn es sei ein zu positives Bild von den Renditeerwartungen
gezeichnet worden. Statt der vorausgesagten 8,5 Prozent habe das
Unternehmen selbst nur eine Rendite von 6 Prozent für realistisch
gehalten. Das sei in den Musterberechnungen nicht ausreichend
deutlich geworden.

Schließlich hätten Informationen darüber gefehlt, dass aus dem
eingezahlten Kapital auch Reserven gebildet und Garantieansprüche
anderer Anleger bedient werden können.

Allerdings erhalten die Anleger nach dem BGH-Urteil nicht sofort
Geld. Die fünf Fälle wurden noch einmal zur weiteren Aufklärung an
die Vorinstanzen zurückverwiesen. Die Oberlandesgerichte (OLG)
Stuttgart und Karlsruhe müssen nun die Höhe des Schadenersatzes
ermitteln. Außerdem muss das OLG Stuttgart noch einem Beweisantrag
von Clerical Medical nachgehen. Die Versicherung hatte behauptet,
dass den Beteiligten bei Vertragsabschluss bewusst gewesen sei, dass
die versprochenen Auszahlungen nicht garantiert, sondern von der
Wertentwicklung der Anlage abhingen.

Das Urteil des BGH-Versicherungssenats hat Pilotfunktion. Denn
insgesamt sind in Deutschland mehr als 1000 Verfahren anhängig.
Allein beim BGH in Karlsruhe liegen weitere 40 Verfahren.

(Aktenzeichen: Bundesgerichtshof IV ZR 122/11, IV ZR 271/10 u.a.)

dapd.djn/T201207114/uk/mwo

(Karlsruhe)