Otago. (dapd). Wer als Kind extrem viel Fernsehen geguckt hat, ist als Erwachsener häufiger kriminell. Außerdem kann der Fernsehkonsum die Entwicklung einer aggressiven und dissozialen Persönlichkeit begünstigen. Das berichten neuseeländische Forscher im Fachjournal "Pediatrics". (doi: 10.1542/peds.2012-1582)
Seit Jahren ist bekannt, dass intensiver Fernsehkonsum und dissoziales Verhalten oft Hand in Hand gehen. Offen blieb in den bisherigen Studien jedoch, ob dissoziale Menschen mehr fernsehen, oder ob tatsächlich das Fernsehen das unsoziale Verhalten bedingt. Die Studie des Teams von der Universität Otago hat den bislang besten Beleg erbracht, dass Letzteres zutrifft.
Die Studie stützt sich auf Daten von rund 1.000 Kindern, die 1972 und 1973 in der neuseeländischen Stadt Dunedin geboren wurden. Vom fünften bis zum 15. Lebensjahr wurden die Kinder alle zwei Jahre befragt, wie viel sie fernsehen. Im Erwachsenenleben erfassten die Forscher die Persönlichkeit der Teilnehmer und eventuelle Verurteilungen wegen kriminellen Verhaltens. Dabei zeigte sich, dass diejenigen, die in der Kindheit mehr Fernsehen geguckt hatten, eher dissozial oder sogar kriminell geworden waren.
Viel Fernsehen führt zu aggressiverer Persönlichkeit
"Jede Stunde, die die Teilnehmer als Kinder durchschnittlich abends vor dem Fernseher verbracht haben, erhöhte die Wahrscheinlichkeit einer späteren Verurteilung für ein Verbrechen um 30 Prozent", berichtet Koautor Bob Hancox. Ein höherer Fernsehkonsum in der Kindheit hing zudem im Erwachsenenalter mit aggressiveren Persönlichkeitszügen zusammen. Häufiger war auch die Veranlagung, negative Gefühle zu empfinden. Vielgucker hatten außerdem ein höheres Risiko für eine dissoziale Persönlichkeitsstörung, die sich durch anhaltend aggressives und antisoziales Verhalten auszeichnet.
In ihrer Studie stellten die Forscher sicher, dass weder der sozioökonomische Status der Teilnehmer, noch aggressives oder dissoziales Verhalten in der Kindheit sowie elterliche Faktoren den Zusammenhang zwischen Fernsehkonsum und späterem dissozialen Verhalten erklären können. Koautorin Lindsay Robertson berichtete, dass es nicht die bereits dissozialen Kinder waren, die mehr vor dem Fernseher saßen. "Viel mehr war es so, dass Kinder, die eine Menge Fernsehen guckten, wahrscheinlich später dissoziales Verhalten und dissoziale Persönlichkeitszüge entwickelten", erklärte Robertson.
Schlüssiger Beleg, dass zu viel Fernsehen schadet
Die Studie ist die erste Studie, die den Fernsehkonsum während der gesamten Kindheit erfasst und ein breites Spektrum möglichen dissozialen Verhaltens im Erwachsenenalter untersucht hat. Zwar kann ein solcher Studienaufbau nicht beweisen, dass zu viel Fernsehen dissoziales Verhalten bedingt. Aber die Untersuchung liefert einen schlüssigen Beleg, dass exzessiver Fernsehkonsum Langzeitfolgen für das Verhalten haben kann. "Wir sagen nicht, dass Fernsehen jedes dissoziale Verhalten verursacht", betonte Hancox. Aber die Studie lege nahe, dass ein reduzierter Fernsehkonsum dazu beitragen könnte, dissoziales Verhalten in der Gesellschaft zu verringern. Als Empfehlung gelte, dass Kinder nicht mehr als ein bis zwei Stunden ausgesuchtes "Qualitätsfernsehen" am Tag sehen sollten.
dapd