Seine Nachbarn kann man sich in der Regel nicht
aussuchen. Doch sie entscheiden wesentlich mit über die
Lebensqualität im eigenen Heim. Die leidet empfindlich, wenn es
immer wieder zu Streitigkeiten kommt.
Berlin (dapd). Seine Nachbarn kann man sich in der Regel nicht
aussuchen. Doch sie entscheiden wesentlich mit über die
Lebensqualität im eigenen Heim. Die leidet empfindlich, wenn es
immer wieder zu Streitigkeiten kommt. Zu hohe Hecken, überhängende
Äste, Grillschwaden, laute Musik, Wurzeln, die sich durch Nachbars
Garten winden, Baulärm, zu geringer Grenzabstand von Garagen oder
Schuppen – Anlässe gibt es viele.
Der gute Wille zu einer harmonischen Nachbarschaft ist zwar
hilfreich, genügt aber nicht. Es gibt ein Regelwerk von
Bebauungsplänen, Vorschriften und Bestimmungen im Nachbarrecht, an
das sich alle Beteiligten halten müssen. Das Bürgerliche Gesetzbuch
enthält grundsätzliche Regelungen für Konflikte an der
Grundstücksgrenze, für Beeinträchtigungen durch Immissionen und
drohende Gefahren vom Nachbargrundstück. Konkretere Bestimmungen
sind in den Nachbarrechtsgesetzen der einzelnen Bundesländer
enthalten, deren Regelungen etwas voneinander abweichen.
„Viele Auseinandersetzungen unter Nachbarn beginnen damit, dass
im wahrsten Sinne des Wortes die Grenze überschritten wird“, erklärt
Stefan Bentrop, Kooperationsanwalt des Verbands Privater Bauherren
(VPB). „Oft spielt die Bebauung in Grenznähe eine Rolle oder vom
Nachbarn herüber wachsende Pflanzen oder Wurzeln. Auch Einfriedungen
wie Zäune, Mauern oder Hecken können zum Streitthema eskalieren.“
Zwtl.: Vorausschauend pflanzen
Oft müssen die Gerichte entscheiden, wenn sich Nachbarn nicht
einigen können. Das Landgericht Coburg gab zum Beispiel einem
Gartenbesitzer Recht, der es nicht hinnehmen wollte, dass Äste von
Nachbars Bäumen über seinen Zaun ragten, nadelten und den Garten
verschatteten (AZ: 33 S 26/08). Nach einem Urteil des
Bundesgerichtshofes darf ein Bewohner Baumwurzeln vom Nachbarn, die
auf dem eigenen Grundstück Schäden verursachen, auf Kosten des
Nachbarn entfernen (AZ: V ZR 99/03). Sogar Pflanzen, die hinter
einer Sichtschutzwand stehen, dürfen nicht unbegrenzt in die Höhe
wachsen. Sonst hat der Nachbar Anspruch auf einen Rückschnitt,
allerdings nur bis zur Höhe der Wand. Das geht aus einem Urteil des
Amtsgerichts München hervor (AZ: 173 C 19258/09).
Um solche Auseinandersetzungen zu vermeiden, sollten
Grundstücksbesitzer von vornherein daran denken, dass auch aus
kleinen Setzlingen später große Pflanzen werden können, die dem
Nachbarn die Sicht nehmen. „Damit ein Grundstück ausreichend Licht
bekommt, sollen Anpflanzungen unmittelbar an der Grundstücksgrenze
kleiner gehalten werden als auf dem übrigen Grundstück“, rät Stefan
Bentrop. „Die Regel heißt: Je näher Baum, Strauch oder Hecke der
Grenze stehen, desto kürzer müssen sie gehalten werden.“
Zwtl.: Problem energetische Sanierung
Während man bei der Bepflanzung des eigenen Gartens leicht
Rücksicht auf den Nachbarn nehmen kann, stehen viele Hausbesitzer
vor einem Problem, wenn sie ihr Gebäude, das auf der
Grundstücksgrenze steht, energetisch sanieren wollen. Wird das Haus
mit einer dicken Dämmschicht eingepackt, ragt diese zwangsläufig
einige Zentimeter über das Nachbargrundstück. Die Frage, ob der
Eigentümer des betroffenen Nachbargrundstücks dulden muss, dass sich
die Wärmedämmung des Nachbarhauses auf seinem Grundstück befindet,
verneinte das Oberlandesgericht Karlsruhe zwar im Jahr 2009. Seiner
Ansicht nach darf ein Hauseigentümer seine Außenwand nicht dämmen,
wenn die Dämmplatten in den Luftraum des Nachbargrundstücks ragen
(AZ: 6 U 121/09). Aber seitdem haben einige Bundesländer schon ihre
Gesetze geändert und die Nachbarn zur Duldung verpflichtet, um die
energetische Sanierung der Gebäude voranzubringen. Wer plant, seine
Fassade zu dämmen, sollte also unbedingt zuvor einen Blick in die
Landesgesetze werfen und am besten mit seinem Nachbarn eine
schriftliche Vereinbarung treffen.
Es empfiehlt sich ohnehin immer, zuerst das Gespräch zu suchen,
ehe man vor Gericht zieht. Denn manche Klage gegen Nachbarn wirkt
auch lächerlich. Wie die eines Mannes, der sich durch den erhobenen,
und mit einem Verband versehenen Mittelfinger eines Gartenzwergs in
seinem Persönlichkeitsrecht verletzt sah. Das Amtsgericht Elze sah
darin keine Beleidigung. Allein das Wissen um den Finger unter dem
Verband genüge nicht für die Annahme einer beleidigenden Geste. Der
Kläger musste weiter mit dem Anblick leben (AZ: 4 C 210/99).
dapd.djn/kaf/K2120/mwo
(Berlin)