Dichter Nebel liegt über Berlin, als Dieter
Domning durch eine Luke auf das Dach eines Mehrfamilienhauses im
Stadtteil Rudow steigt. Noch ist der grauhaarige Mann mit der
schwarzen Hose, der Koller genannten schwarzen Jacke und dem
Zylinder hier der amtliche Bezirksschornsteinfeger. Ab 1. Januar
2013 wird sich das ändern.

Berlin (dapd). Dichter Nebel liegt über Berlin, als Dieter
Domning durch eine Luke auf das Dach eines Mehrfamilienhauses im
Stadtteil Rudow steigt. Noch ist der grauhaarige Mann mit der
schwarzen Hose, der Koller genannten schwarzen Jacke und dem
Zylinder hier der amtliche Bezirksschornsteinfeger. Ab 1. Januar
2013 wird sich das ändern. Dann fällt das seit 1935 geltende
Kehrmonopol der Schornsteinfeger in Deutschland.

In der staatlich geschützten Nische sah die EU einen Verstoß
gegen die Dienstleistungsfreiheit. Im neuen Jahr wird nach den
Regelungen des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes nun der Markt
geöffnet. Hausbesitzern steht dann frei, einen Schornsteinfeger
ihrer Wahl für Arbeiten wie das häufig jährliche Kaminkehren zu
engagieren.

Das kann ein freier Schlotfeger sein, der beim Bundesamt für
Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) und bei der Handwerkskammer
registriert ist, oder ein Installateur- und Heizungsbaumeister mit
Zusatzqualifikation. Kunden können dann auch über die Preise der
Freien verhandeln.

Für hoheitliche Aufgaben wie die Kontrolle der Feuerstätten, die
Abnahme eines Kamins und ähnliche Aufgaben rund um die
Brandsicherheit bleiben aber weiter bevollmächtigte
Bezirksschornsteinfeger zuständig. In seinem Bezirk wird das in den
kommenden zwei Jahren weiterhin Domning machen. Ab 2015 muss er sich
dann aber ganz regulär bewerben, wenn er für seinen alten Bezirk der
bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger sein will. Ausgeschrieben
werden die Stellen dann für jeweils sieben Jahre.

Auch für Hausbesitzer wird sich einiges ändern. Während sich
bisher der Bezirksschornsteinfeger darum kümmerte, dass die Kamine
regelmäßig gekehrt wurden, muss jetzt der Eigentümer selbst den
Terminkalender im Auge behalten. „Jetzt ist der Kunde
verantwortlich, dass rechtzeitig gekehrt und gefegt wird“, sagt
Domning.

Die einzuhaltenden Fristen finden Hausbesitzer im
Feuerstättenbescheid, den der Bevollmächtigte Kaminkehrer ausstellt.
Wer demnächst die neugewonnene Wahlfreiheit nutzen und einen anderen
Schornsteinfeger beauftragen will, findet ihn etwa im Bafa-Register.
Die Kunden sollten aber darauf achten, dass es sich um zertifizierte
Schornsteinfeger handelt, sagt Domning.

Zwtl.: Verbraucherschützer kritisieren lange Vertragslaufzeiten

Ob der Wettbewerb künftig auch bessere Preise für die Verbraucher
bedeutet, ist fraglich. Domning geht davon aus, dass es zwar einen
„kleinen Konkurrenzkampf“ geben werde, die Konditionen sich aber
nicht großartig ändern werden. Das liege vor allem an höheren
Fahrkosten. Die müsse der Schornsteinfeger demnächst auf die
Rechnung draufschlagen, wenn er sich auf dem Weg zu einem Kunden in
einem anderen Bezirk macht. „Nach dem Wegfall des Kehrmonopols in
einigen Kantonen der Schweiz sind dort die Preise sogar um 30
Prozent gestiegen“, sagt Domning.

Skeptisch zeigen sich auch die Verbraucherschützer. Viele
Bezirksschornsteinfeger hätten die Hausbesitzer angeschrieben und
ihnen ihre Leistungen für die Zukunft angeboten, sagt die Referentin
für Nachhaltiges Bauen und Wohnen beim Bundesverband der
Verbraucherzentralen, Hyewon Seo. Sie geht davon aus, dass viele
Kunden zunächst bei ihren bisherigen Schornsteinfegern bleiben, wenn
sie mit ihnen zufrieden waren.

„In manchen Gebieten gibt es aber das Problem, dass
Schornsteinfeger ihre Kunden mit längeren Vertragslaufzeiten und
Fixkosten an sich binden wollen“, sagt sie weiter. „Wir haben von
bis zu vier Jahren gehört.“ Von solch langen Vertragslaufzeiten
raten die Verbraucherschützer ab. Auch wenn es künftig mehr Aufwand
sei, rät Seo dazu, Angebote zu vergleichen. „Langfristig könnte es
dazu führen, dass es dann günstiger wird.“

Domning sieht der künftigen Wettbewerbssituation in seinem Bezirk
eher gelassen entgegen. Viele Kunden hätten sich bisher nicht von
ihm abgewandt. So trübe wie die momentan nebelige Aussicht vom Dach
schätzt er seine Zukunft deshalb nicht ein. „Wir werden sehen, was
es bringt“, sagt der Schornsteinfeger, dessen Zunft vielen Menschen
als Glücksbringer gilt, und verschwindet nach getaner Arbeit durch
die Luke wieder vom Dach.

(Bafa-Register im Internet: http://url.dapd.de/YWTbAz )

dapd.djn/T2012122950239/tse/mwa

(Berlin)