Berlin/Trier (dapd). Große Kinderaugen, ausgestreckte Hände, geradezu flehend. Dazu aufgedunsene Hungerbäuche, die betroffen machen. Die Wirkung solcher Bilder sitzt, der Griff ins Portemonnaie folgt. Ein paar Euro in die Spendendose machen ein gutes Gefühl, gerade im Advent, der Zeit der Nächstenliebe. In den Fußgängerzonen tummeln sich die Spendensammler, Berge von Spendenbriefen flattern ins Haus. Doch Experten warnen immer wieder vor schwarzen Schafen unter den vermeintlich Helfenden.

"Wenn die Werbung um Spenden sehr aggressiv ist, wenn stark auf die Mitleidsmasche gesetzt wird, dann werden wir hellhörig", betont Eveline Dziendziol, Pressesprecherin der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz. Bei mitleiderregenden Kinderfotos oder schrecklichen Bildern von gequälten Tieren sei gesundes Misstrauen angesagt. Genauso bei übertrieben dringlichen Spendenaufrufen.

Mit unseriösen Spendensammlern hat Dziendziol häufig zu tun. Rheinland-Pfalz ist eines von vier Bundesländern mit einer Spendenaufsicht – neben Baden-Württemberg, dem Saarland und Thüringen. Regelmäßig erlässt die Behörde Spendenverbote und die geben Spendern auch in Bundesländern ohne eine solche Kontrolle Orientierung. "Fallen Spendensammler unangenehm auf, dann prüfen wir, wie viel Geld tatsächlich dem beworbenen Zweck zugutekommt", erklärt die Expertin. Sie empfiehlt, eher regionale Organisationen und Einrichtungen zu unterstützen, zum Beispiel das Tierheim vor Ort. "Dann können die Spender auch selbst schauen, was dort mit ihrem Geld passiert."

Vor allem sollte man sich nicht überrumpeln lassen, weder auf der Straße noch an der Haustür. Druck beim Spendensammeln ist unangemessen, bekräftigt auch Burkhard Wilke, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) in Berlin. Der Experte rät entschieden davon ab, unüberlegt zu spenden – selbst, wenn es nur um ein paar Euro für die Sammelbüchse gehe. Auch förderunwürdige Organisationen würden auf diese Weise Tausende sammeln.

Babys, Kinder, Arme oder Kranke sind gerade für unseriöse Spendensammler wirksame Werbeträger. Indem sie an die Menschlichkeit appellieren, treiben sie Geld ein für vermeintlich gute Zwecke. Wilke ermutigt deshalb, dem eigenen Bauchgefühl zu vertrauen. "Gerade bei sehr emotionalen Spendenaufrufen sollte man darauf achten, wo die Werbung beginnt, einen über den Tisch zu ziehen statt zu überzeugen", warnt er. Wer spendet, sollte sich gut und sachlich informiert fühlen, und sobald ein Gespräch unangenehm wird, unbedingt weitergehen, ganz ohne schlechtes Gewissen.

Vor allem auch bei sogenannten Fördermitgliedschaften – einer Art Spendenabo – sei Vorsicht geboten, warnen Dziendziol und Wilke. Denn ein gesetzliches Rücktrittsrecht haben Spender hier nicht. Sie sollten sich deshalb vorher unbedingt über die Kündigungsfristen informieren. "Kennt man die Organisation selbst nicht als seriös, sollte man allenfalls Infomaterial mit nach Hause nehmen und in Ruhe recherchieren", betont der DZI-Geschäftsführer.

Mit seiner Spenderberatung im Internet gibt das DZI einen umfassenden Überblick über seriöse und weniger seriöse Organisationen (http://www.dzi.de/spenderberatung). Denn es checkt die Spendensammler unter anderem in Sachen Transparenz und Wirtschaftlichkeit, um zu gewährleisten, dass die Spenden tatsächlich auch ihren gemeinnützigen Zweck erfüllen. In einer Online-Datenbank finden Verbraucher Informationen zu einer ganzen Reihe von Organisationen, außerdem können sie sich beraten lassen oder selber auf fragwürdige Praktiken hinweisen: "In der Summe der Hinweise ergibt sich dann für uns ein Muster", erklärt Wilke.

Mit einer Negativliste warnt das DZI vor schwarzen Schafen. Vertrauenswürdige Organisationen sind mit Gütesiegel gelistet. "Dem DZI-Spenden-Siegel können die Verbraucher absolut vertrauen", betont Wilke. "Es steht für die höchsten Standards, die Spendenorganisationen in Deutschland überhaupt haben können." Rund 260 sind das derzeit. Ein gutes Indiz für die Seriosität einer Spendenorganisation sei außerdem das Logo "Transparente Zivilgesellschaft", das aktuell rund 350 auch kleinere Organisationen vorweisen können.

Ganz gleich ob auf der Straße, an der Haustür oder per Überweisung: Sicher und sinnvoll spenden können Verbraucher grundsätzlich auf vielerlei Wegen. Entscheidend dabei ist die Organisation, die hinter der Spendensammlung steht. Ob diese förderungswürdig ist, davon sollten sich Spender vor dem Griff ins Portemonnaie unbedingt überzeugen.

dapd