Fast jedes Mietshaus in Deutschland hat heute
einen Energieausweis. „Die Immobilienbranche hat ihre Hausaufgaben
gemacht. Wir sind damit durch“, sagt Ulrich Löhlein, Leiter des
Servicecenters Verwaltung des Immobilienverbands Deutschland IVD.
„Aber Mieter und Käufer können nicht viel damit anfangen, weil die
Energieausweise wenig aussagekräftig und kaum vergleichbar sind.
Berlin (dapd). Fast jedes Mietshaus in Deutschland hat heute
einen Energieausweis. „Die Immobilienbranche hat ihre Hausaufgaben
gemacht. Wir sind damit durch“, sagt Ulrich Löhlein, Leiter des
Servicecenters Verwaltung des Immobilienverbands Deutschland IVD.
„Aber Mieter und Käufer können nicht viel damit anfangen, weil die
Energieausweise wenig aussagekräftig und kaum vergleichbar sind.“
Sie geben bestenfalls eine grobe Orientierung, ob ein Gebäude ein
Energiefresser oder energetisch auf einem modernen Stand ist.
Dabei war der Energieausweis, den seit 2009 jedes Wohnhaus
braucht, das neu vermietet, verkauft oder verpachtet werden soll,
eine gute Idee. Anliegen ist, möglichst auf einen Blick, Auskunft
über den Energieverbrauch des Hauses zu geben. „Angesichts
steigender Energiepreise wird das immer mehr zu einem
Vermarktungskriterium für Immobilien“, sagt Löhlein. In
Wohnungsanzeigen und Mietspiegeln soll die energetische Qualität
künftig eine Rolle spielen.
Zwtl.: Nicht verlässlich
Aber aktuell lässt sich mit den Angaben wenig anfangen, denn die
Berechnungen basieren auf so vielen verschiedenen Annahmen und
Festsetzungen, die Erfassungs- und Ermittlungsmethoden sind so
ungenau, dass die notwendige Qualität meist nicht gewährleistet ist.
„Der Energiekennwert und die bunten Balken, die den Energieverbrauch
beschreiben, sind nicht verlässlich“, sagt der Experte. Mieter und
Käufer sollten deshalb nicht allzu viel darauf geben.
Der Energieverbrauch sei stark von individuellen Verhaltensweisen
und Witterungsverhältnissen abhängig, gibt die Verbraucherzentrale
Nordrhein-Westfalen zu bedenken. Zudem gelte der Ausweis für das
gesamte Gebäude. Der Energieverbrauch einer einzelnen Wohnung könne
jedoch merklich davon abweichen.
Der Deutsche Mieterbund macht darauf aufmerksam, dass der
Energieausweis lediglich die energetische Qualität des Hauses
dokumentiert, aber keine unmittelbare Aussage zur Höhe der
Heizkosten, erst recht nicht über die Kostenhöhe einzelner Wohnungen
geben kann.
Zwtl.: Ausweis in zwei Varianten
Noch unübersichtlicher wird die Lage, weil es zwei Varianten von
Energieausweisen gibt, den Bedarfsausweis und den Verbrauchsausweis.
Immobilienbesitzer können im Wesentlichen frei wählen, welchen sie
nutzen. Für Neubauten und Häuser mit weniger als fünf Wohnungen ist
der Bedarfsausweis vorgeschrieben, für alle anderen genügt der
Verbrauchsausweis.
Der ist wesentlich preiswerter als der Bedarfsausweis. Zugrunde
gelegt werde dabei der tatsächliche Verbrauch einer Immobilie,
erläutert der Verband Privater Bauherren (VPB). Das Ergebnis hängt
also maßgeblich von den Bewohnern ab. Wer viel zu Hause ist,
verbraucht zwangsläufig mehr Energie als Menschen, die tagsüber
auswärts arbeiten. Das heißt, der Verbrauch einer so gemessenen
Immobilie lässt sich nicht ohne weiteres auf neue Bewohner
übertragen. Potenzielle Mieter und Käufer bekommen also keine
objektiven Werte.
„Oft kommt der Gutachter noch nicht einmal ins Haus, um den
verbrauchsabhängigen Ausweis zu erstellen“, sagt IVD-Experte
Löhlein. „Für 75 Euro kann er ihn am Computer ausfertigen. Mit den
Rahmendaten aus der Gebäudeklassen-Katastrierung ist das kein
Problem. Aber am Ende hat man eben kein belastbares
Ingenieur-Gutachten.“
Zwtl.: Auch der bedarfsorientierte Ausweis ist nicht exakt
Der bedarfsorientierte Ausweis setzt hingegen eine bautechnische
Untersuchung voraus, die dann auch im dazugehörigen Gutachten
detaillierte Werte liefert, verbunden mit konkreten Hinweisen zur
energetischen Verbesserung der Bausubstanz. Damit ist er ist zwar
besser als der verbrauchsabhängige Ausweis, liefert aber auch keine
exakten Zahlen.
In der nächsten Zeit wird sich an der Aussagefähigkeit der
Energieausweise wohl kaum etwas ändern. Denn sie sind nun zehn Jahre
lang gültig. „Danach ist geplant, dass Hausbesitzer die jeweils
andere Methode als bisher anwenden sollen“, erklärt Löhlein. Das
heißt, wer jetzt einen Verbrauchsausweis hat, soll dann einen
Bedarfsausweis in Auftrag geben und umgekehrt. „Damit kommt man rein
rechnerisch der Wahrheit immerhin etwas näher“, sagt Löhlein.
dapd.djn/T2012082802926/kaf/K2120/mwo
(Berlin)