Nach fast acht Jahren und vier befristeten
Arbeitsverträgen reichte es der Kassiererin: Sie verlangte eine
Festanstellung statt der erneuten Beschäftigung als
Elternzeitvertretung. Vor Gericht argumentierte die Klägerin, dass
ihre Arbeitskraft offensichtlich nicht nur vorübergehend, sondern
dauerhaft benötigt werde.
Berlin (dapd). Nach fast acht Jahren und vier befristeten
Arbeitsverträgen reichte es der Kassiererin: Sie verlangte eine
Festanstellung statt der erneuten Beschäftigung als
Elternzeitvertretung. Vor Gericht argumentierte die Klägerin, dass
ihre Arbeitskraft offensichtlich nicht nur vorübergehend, sondern
dauerhaft benötigt werde. Schließlich gebe es in einem Unternehmen
mit mehr als 100 Arbeitnehmern immer Vertretungsbedarf, für den der
Arbeitgeber eine gewisse Personalreserve vorhalten müsse.
Der Rechtsstreit ging durch alle Instanzen, doch letztlich blieb
die Klage erfolglos: Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)
lässt eine beliebige Verlängerung befristeter Verträge
(„Kettenbefristungen“) zu, sofern es einen sogenannten Sachgrund
gibt. Als Sachgrund gilt beispielsweise die Einstellung für ein
konkretes Projekt oder eben die Vertretung eines fest angestellten
Arbeitnehmers wegen Krankheit oder Elternzeit.
Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)
verstößt diese Regelung auch nicht gegen übergeordnetes europäisches
Recht („Kücük“-Urteil vom 26. Januar 2012, Aktenzeichen: C-586/10).
Nur im Ausnahmefall könnten Kettenbefristungen „einer
Missbrauchskontrolle“ unterzogen werden, wobei auch die Gesamtdauer
und Anzahl der Befristungen berücksichtigt werden müssten, befanden
die Europarichter.
Das Bundesarbeitsgericht folgerte daraus, dass die sachlich
begründete Befristung eines Arbeitsvertrags nur bei einem Verstoß
gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (Paragraf 242 BGB)
rechtswidrig ist. Im Fall Kücük sahen die Richter hierfür
Anhaltspunkte: Die Klägerin war mit 13 befristeten Verträgen elf
Jahre lang zur Vertretung beschäftigt. Zwar sei die letzte
Vertretungsbefristung „an sich“ zulässig gewesen, das Gesamtbild
spreche aber für einen Rechtsmissbrauch (Urteil vom 18. Juli 2012,
Aktenzeichen: 7 AZR 443/09).
Diese Grenze hatte der Arbeitgeber der Kassiererin hingegen nicht
überschritten. Vier Befristungen über insgesamt sieben Jahre und
neun Monate seien noch als Einstellung zur Vertretung anzusehen
(Urteil vom 18. Juli 2012, Aktenzeichen: 7 AZR 783/10), entschied
das Bundesarbeitsgericht. Wo genau die „rote Linie“ zwischen
erlaubter und verbotener Kettenbefristung verläuft, legte das
Gericht allerdings nicht fest.
dapd.djn/T2012092801072/rog/K2120/mwa
(Berlin)