Der Streit um hohe Abzüge bei vorzeitiger
Kündigung von Lebensversicherungen geht weiter. Laut
Verbraucherzentrale Hamburg sind vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in
Karlsruhe noch mehrere Verfahren anhängig, unter anderen auch gegen
die Allianz.
Karlsruhe (dapd). Der Streit um hohe Abzüge bei vorzeitiger
Kündigung von Lebensversicherungen geht weiter. Laut
Verbraucherzentrale Hamburg sind vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in
Karlsruhe noch mehrere Verfahren anhängig, unter anderen auch gegen
die Allianz. Dort gehe es ebenfalls um die Wirksamkeit verschiedener
Klauseln in Lebensversicherungen, sagte Geschäftsführer Günter
Hörmann von der Hamburger Verbraucherzentrale der Nachrichtenagentur
dapd.
Am Mittwoch hatte der Versicherungssenat des BGH mehrere Klauseln
des Deutschen Rings für unwirksam erklärt. Zumindest die zwischen
2001 und 2006 verwendeten Klauseln sahen bei Kündigung oder
Beitragsfreistellung hohe Abzüge vor. Der BGH kippte vor allem die
Klausel, wonach hohe Provisionen und Abschlusskosten mit den ersten
Versicherungsbeiträgen verrechnet werden. Dies stelle eine
unangemessene Benachteiligung der Versicherten dar, so die
Entscheidung.
Das Urteil betrifft vor allem Kapital-Lebensversicherungen, die
vor 2008 abgeschlossen wurden. Ab 2008 wurde das Gesetz über
Versicherungsverträge (VVG) verschärft. Aber vor allem in
Altverträgen führten Kündigungen häufig dazu, dass Versicherte viel
Geld verloren. Bei einer Kündigung nach wenigen Beitragsjahren wurde
nur ein geringer oder gar kein Rückkaufswert erstattet. Der Verlust
konnte, so die Hamburger Verbraucherorganisation, mehrere tausend
Euro betragen.
Zwtl.: Immer wieder neue Rechtsstreitigkeiten
Die sogenannte Zillmerung – die Verrechnung aller
Abschlussgebühren in den ersten Jahren – wurde bereits 2006 vom
Bundesverfassungsgericht beanstandet. Auch der BGH hatte 2005
entschieden, dass die Rückkaufswerte bei vorzeitiger Kündigung nicht
unverhältnismäßig gering sein dürften. Dennoch kam es immer wieder
zu neuen Rechtsstreitigkeiten. Die Versicherungskonzerne beriefen
sich darauf, dass sich die höchstrichterlichen Entscheidungen von
2005 und 2006 auf andere Klauseln als die von ihnen verwendeten
bezögen.
Es dauerte nun wiederum Jahre, bis der BGH am Mittwoch in letzter
Instanz feststellte, dass auch die zwischen 2001 und 2006 vom
Deutschen Ring verwendeten Klauseln die Versicherten unangemessen
benachteiligten und deshalb unwirksam sind. Aber auch Klauseln einer
fondsgebundenen Rentenversicherung und zur Umwandlung in eine
beitragsfreie Versicherung wurden vom BGH wegen Intransparenz
beanstandet.
Betroffene, die eine Versicherung gekündigt haben und dadurch
hohe Abzüge erlitten, sollten nun ihre Ansprüche prüfen und
gegebenenfalls Geld zurückfordern. Verbraucherschützer Hörmann weist
darauf hin, dass auf der Homepage der Verbraucherzentrale Hamburg
entsprechende Vordrucke abrufbar sind. Er sieht jetzt allerdings die
Versicherer am Zug. Sie sollten jetzt eigenständig ihren ehemaligen
Kunden die ihnen zustehenden Beträge erstatten.
Die Pressestelle des BGH teilte am Donnerstag mit, dass drei
weitere Revisionsverfahren gegen Urteile des Oberlandesgerichts
Hamburg vorliegen, ein weiteres betreffe ein Urteil des
Oberlandesgerichts Stuttgart. Auch hier gehe es um
Versicherungsbedingungen. Termine für eine mündliche Verhandlung
stehen noch nicht fest.
(Aktenzeichen: Bundesgerichtshof IV ZR 201/10)
dapd.djn/T2012072602406/uk/pon
(Karlsruhe)