Berlin (dapd). Türen knallen, dicke Luft am Abendbrottisch, Rebellion und Funkstille im Wechselspiel – die Pubertät ist eine schwierige Zeit für die ganze Familie. Auch Großeltern erleben ihre Enkel in dieser Phase oft abweisend. Dabei haben Opa und Oma den Heranwachsenden viel zu bieten, sagt Dr. Adelheid Müller-Lissner, Autorin des Buchs "Enkelkinder – eine Orientierungshilfe für Großeltern".
Großeltern haben einen Vorteil: Lebenserfahrung. "Sie sind ja auch Eltern, sie haben diese Phase schon bei ihren eigenen Kindern erlebt", sagt Adelheid Müller-Lissner. "Es ist unwahrscheinlich, dass sie aus allen Wolken fallen, wenn die Enkelkinder in einem gewissen Alter verschlossener werden, sich cooler geben und nicht mehr so viel Wert auf den Kontakt zu legen scheinen wie vorher."
Dabei trüge dieser Schein oft, sagt die Autorin. "Die gute Nachricht ist: Diese typische verschlossene Haltung ist oft gegenüber den Großeltern weniger ausgeprägt. Die Entwicklungsaufgabe in der Pubertät ist ja vor allem, sich von den Eltern abzugrenzen", sagt sie. Großeltern können auch in Zeiten des Zoffs auf die Beziehung bauen, die sie in den Jahren zuvor mit ihren Enkeln entwickelt haben. Das jedoch sei Voraussetzung, sagt Adelheid Müller-Lissner. "Wenn man sich nur alle halbe Jahre sieht, wird es schwierig."
Mit guten Grundlagen und einem Quäntchen Diplomatie könnten Großeltern für ihre Enkel wichtige Bezugspersonen sein: "Sie sind eben keine Erziehungsberechtigten, sondern erwachsene Ansprechpartner. Sie können die Pubertät der Enkel viel gelassener nehmen als deren Eltern", sagt die Expertin. Zeit und Zuwendung nehmen die Enkel meist gern an. "Die Großeltern können etwa das, was die Eltern von dem Kind wollen, ausführlicher erklären", rät Adelheid Müller-Lissner. "Damit führen sie den Kindern auch vor Augen: Dein Vater oder deine Mutter war auch mal in dem Alter, wir hatten auch Stress. Da gab es ähnliche Probleme." So relativieren Großeltern Konflikte und fördern Verständnis über die Fronten hinweg.
Großeltern sollten zu ihrem Alter stehen, rät die Expertin. "So können sie als Gesprächspartner ihre ganze Lebenserfahrung anbieten." Auch wenn die Themen der Jugendlichen heute vielen Älteren rätselhaft erscheinen – "Mutlos zu werden und zu denken: ‚Da komme ich überhaupt nicht mehr mit‘, ist sicherlich ein Fehler", sagt Adelheid Müller-Lissner. Ihr Rat: Nachfragen und ins Gespräch kommen. "Da können Großeltern auch etwas von ihren Enkeln lernen."
dapd