Berlin/Bonn (dapd). Im Alter haben die meisten Menschen jede Menge Zeit. Viele würden ihre neu gewonnene Freiheit gern mit ehrenamtlichen Aufgaben füllen, die ihnen am Herzen liegen. "Viele Senioren möchten etwas für die Gesellschaft tun, indem sie beispielsweise ihr Wissen an jüngere Generationen weitergeben", sagt Birgit Weber, stellvertretende Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen in Berlin. Bürgerschaftliches Engagement sei für einige auch eine gute Möglichkeit, im Alter neue Leute kennenzulernen und Kontakt zur Gemeinde zu halten. "Das Gefühl, gebraucht zu werden, noch etwas Sinnvolles zu tun, sorgt außerdem in jeder Lebensphase für mehr Zufriedenheit", ergänzt Professorin Ursula Lehr, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen in Bonn.
Mittlerweile gebe es eine Reihe von vorbildlichen und zukunftsorientierten Projekten, in denen ältere Ehrenamtliche sich engagierten. "Beispielsweise in Hessen gibt es sogenannte Pflegebegleiter, die pflegende Angehörige im Alltag entlasten", berichtet Lehr. In Berlin bieten ältere Menschen Stadtführungen zu Spezialgebieten wie "Architektur aus der Barockzeit", "Die Bauten von C.F.Schinkel" oder "Das Hansa-Viertel" an. Und in Köln hat sich – ähnlich wie auch in anderen Städten – das Projekt "Die Paten" etabliert, bei dem Senioren Hauptschülern bei der Berufswahl und der Ausbildungsplatzsuche helfen und sie in den ersten Jahren ihres Berufslebens begleiten. Aber auch als Vorleser in der Grundschule, als Leih-Großeltern oder als Unterstützer von Existenzgründern sind Senioren im Einsatz.
Gelegentliches oder längerfristiges Engagement möglich
"Das bürgerschaftliche Engagement Älterer reicht von gelegentlichen Einsätzen bis hin zu langfristigen Projekten", sagt Birgit Weber. Eine weitere Möglichkeit bieten Freiwilligendienste wie der Bundesfreiwilligendienst oder der Freiwilligendienst aller Generationen, in deren Rahmen auch ältere Menschen eine gemeinnützige Aufgabe übernehmen können. "Beim Bundesfreiwilligendienst verpflichtet man sich beispielsweise für ein Jahr und bekommt dafür dann auch ein kleines Taschengeld – allerdings sind die Plätze derzeit rar", sagt die Expertin.
Für jeden Typ gibt es das passende Ehrenamt, ist sich Weber sicher – allerdings müsse man sich aktiv um eine Aufgabe bemühen und dürfe nicht abwarten, bis man von anderen um Hilfe gebeten wird. Sie empfiehlt Interessierten, sich erst einmal Gedanken darüber zu machen, was sie möchten und was sie zu geben bereit sind. "Fragen Sie sich beispielsweise, wie viel Zeit sie investieren möchten und ob feste Verpflichtungen in ihre Lebensplanung passen", rät die Sozialpädagogin. Eine regelmäßige Aufgabe lasse sich unter Umständen nicht mit dem Wunsch vereinbaren, auch mal spontan zu sein. "Wer sich mehr Flexibilität wünscht, kann sich aber auch mit anderen Senioren zusammentun und ein Ehrenamt sozusagen als Team ausfüllen", ergänzt Ursula Lehr. Dann könne man sich gegenseitig vertreten, wenn Enkelbesuch ansteht, man verreisen möchte oder jemand krank wird.
Für jeden ist das Passende dabei
Natürlich sollte man sich auch damit auseinandersetzen, ob man zu bestimmten Tätigkeiten überhaupt in der Lage ist. "Oft werden für Freiwillige spezielle Einführungskurse angeboten, in denen man auf seine Stelle vorbereitet wird", sagt Ursula Lehr. Gesundheitliche Handicaps verschwänden außerdem manchmal, sobald man eine als sinnvoll erlebte Tätigkeit übernimmt, schildert die Expertin ihre Beobachtungen. Und nicht zuletzt trage Aktivität im Alter auch oft dazu bei, die eigenen Fähigkeiten zu trainieren und sich fit zu halten. Lehr empfiehlt Senioren daher, zwar darauf zu achten, sich nicht zu überfordern – aber auch nicht zu unterfordern. "Jeder ist zu irgendetwas fähig – probieren Sie es einfach mal aus!"
Bei der Suche nach passenden Ehrenämtern empfehlen die Expertinnen, sich mit der örtlichen Freiwilligenagentur, dem Ehrenamtskoordinator der Stadt oder dem Seniorenbüro in Verbindung zu setzen. "Dort werden freie Ehrenämter vermittelt und man kann sich auch beraten lassen, welche Form des Engagements zu einem passen würde", sagt Birgit Weber. Man könne aber natürlich auch direkt bei einer gemeinnützigen Organisation nachfragen, ob dort Unterstützung gebraucht wird. "Mittlerweile suchen auch immer mehr Vereine – beispielsweise Sportvereine – neue Mitglieder mit Lebenserfahrung, die sich in den Vorstandspositionen engagieren möchten", sagt Weber. Eine weitere Möglichkeit sei, selbst eine Idee für ein gemeinnütziges Projekt zu entwickeln und diese umzusetzen.
"Wichtig ist, dass man sich eine Aufgabe aussucht, an der man wirklich Freude hat", betont Ursula Lehr. Ein Ehrenamt sollte man aus freien Stücken annehmen und nicht etwa, weil man sich dazu verpflichtet fühlt. "Vielleicht stellt man auch fest, dass man in seinem Leben schon genug gegeben hat, und möchte seinen Ruhestand doch lieber dazu nutzen, die Welt zu bereisen oder sich andere Lebensträume zu erfüllen", ergänzt Birgit Weber. Auch dann sollte man sich nicht unter Druck setzen, sondern sich die Freiheit erlauben, das Alter nach seinen Wünschen zu gestalten.
dapd