Herzogenaurach/Lübeck (dapd). Die meisten Menschen kennen sie: Rückenschmerzen. Es zieht und zerrt im Nacken oder im Kreuz, man fühlt sich schwach und unbeweglich. Und schnell steht die Frage im Raum: Ist das ein Bandscheibenvorfall? "Rückenschmerzen verschwinden in den meisten Fällen in einem Zeitraum von vier Wochen wieder", sagt Bernd Kladny, Chefarzt der Orthopädie der Fachklinik Herzogenaurach. Ursache der Schmerzen sind meist lediglich Verspannungen in Folge von Fehlhaltungen.
Halten die Rückenschmerzen jedoch länger als einen Monat an, sollte man zum Arzt gehen. "Um wirklich sicherzugehen, dass ein Bandscheibenvorfall vorliegt, braucht es ein bildgebendes Verfahren wie die Kernspintomographie", erklärt Kladny. Auch mit der Computertomographie und in speziellen Fällen der Myelographie, bei der ein Kontrastmittel in den Wirbelkanal gespritzt und anschließend eine Röntgenaufnahme gemacht werde, könne ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert werden.
Ein Bandscheibenvorfall muss nicht schmerzen
Viele Menschen haben einen Bandscheibenvorfall, ohne es zu wissen, denn nicht immer treten durch gerissene oder verschobene Bandscheiben Schmerzen auf. "Man weiß aus Untersuchungen mit Kernspintomographie, dass auch Menschen, die nicht unter Rückenschmerzen leiden, einen Bandscheibenvorfall haben können", sagt Kladny. Diese Menschen hätten meist eine starke Rückenmuskulatur, die den Bandscheibenvorfall abfedere.
Es gebe jedoch Anzeichen, auf die Betroffene achten könnten. "Bei einem Bandscheibenvorfall kann eine Fußheberschwäche, eine Störung der Hüftbeugung oder eine Schwäche der Streckmuskeln im Knie auftreten. Auch in Ellenbogen und Handgelenk sind Beug- und Streckstörungen möglich", erläutert Kladny. Könne man beispielsweise im Stehen den Fuß vorne nicht mehr richtig anheben, könne das ein Hinweis auf einen Bandscheibenvorfall sein.
Auch ein Grund, zum Arzt zu gehen und den Verdacht auf Bandscheibenvorfall abklären zu lassen sei, wenn Arme und Beine einschliefen, immer wieder kribbelten und es sich anfühle, als würden Ameisen durch die Gliedmaßen laufen. Taubheitsgefühle und Schmerzen, die in Arme und Beine ausstrahlen, könnten ebenfalls auf einen Bandscheibenvorfall hinweisen. "Treten gar Störungen in der Blasen- und Mastdarmfunktion auf, sollte innerhalb von sechs Stunden ein Arzt aufgesucht werden", sagt Kladny.
Zu wenig Bewegung und Verschleißerscheinung häufig ursächlich
Einer der häufigsten Gründe für einen Bandscheibenvorfall sei die Kombination aus zu schlaffer Muskulatur und häufigen Fehlhaltungen beispielsweise auf einem Bürostuhl. "Entgegen der allgemeinen Meinung sind nicht nur ältere Menschen von Problemen mit dem Rücken betroffen", sagt der Orthopäde Rainer Kirchner, Leiter der Sektion für Orthopädie am Universitätsklinikum Lübeck. Auch falsches Heben könne einen Bandscheibenvorfall auslösen.
Und dann nage auch die Zeit an den Bandscheiben, den Stoßdämpfern der Wirbelsäule. "Sie verschleißen, werden dünner und verlieren im Laufe der Lebensjahre an Elastizität", erklärt Kirchner. Häufig treten Bandscheibenvorfälle in der Lendenwirbelsäule auf, aber auch im Nackenbereich sind Bandscheibenvorfälle möglich.
Diagnose ist kein Weltuntergang
Diagnostiziert ein Arzt einen Bandscheibenvorfall ist das laut Kirchner kein Weltuntergang. Meistens bekäme man das Problem mit konventioneller Therapie wie Krankengymnastik, Schmerztherapie oder Wärmebehandlung in den Griff. "Reicht das nicht aus, stehen mittlerweile viele minimal-inversive High-Tech-Methoden zur Verfügung, um den Patienten Bewegungs- und Schmerzfreiheit zu bringen."
Am besten ist es jedoch, Rückenschmerzen vorzubeugen. "Regelmäßige Bewegung und Sport, richtiges Heben und gesunde Ernährung sind einfache Maßnahmen, die jeder durchführen kann, um seinen Rücken zu schonen und zu stärken und Schmerzen schnell wieder loszuwerden", sagt Kirchner.
dapd