Hamburg/Wiesbaden (dapd). Die Jobsuche gehört für viele Menschen zum Alltag – selbst dann, wenn sie gerade einen Job haben. Denn in befristeten Arbeitsverhältnissen haben Betroffene das potenzielle Ende ihrer Anstellung ständig vor Augen. "Solche Befristungen kommen häufig deshalb zustande, weil jemand beispielsweise als Elternzeitvertretung eingestellt wird oder man an einem zeitlich begrenzten Projekt arbeitet", sagt Ute Bölke, Karriereberaterin aus Wiesbaden. Oft würden Arbeitsverträge aber auch erst einmal ohne offensichtlichen Grund nur für ein oder zwei Jahre abgeschlossen.

"Grundlose Befristungen sind vor allem in Branchen verbreitet, in denen es mehr als genügend Bewerber gibt", sagt die Hamburger Karriereberaterin Svenja Hofert. Nur dort könnten sich die Firmen solche Unverbindlichkeiten leisten. "Für ein Unternehmen sind befristete Verträge leichter kalkulierbar – falls das Geschäft mal schlechter läuft, können sie sich schnell von Mitarbeitern trennen", erklärt Hofert. Manche nutzten die zeitliche Begrenzung auch dazu, Neuankömmlinge einer Art verlängerter Probezeit zu unterziehen.

Verzicht ohne Gegenleistung frustriert viele

Bei vielen Arbeitnehmern sorgen solche Jobs auf Zeit für Frust. "Sie müssen auf Sicherheit verzichten, ohne eine Gegenleistung dafür zu bekommen – das macht unzufrieden, die Leute fühlen sich ausgenutzt", sagt Svenja Hofert. Viele Betroffene haben auch das Gefühl, sich aufgrund der Befristung ständig beweisen zu müssen. "Wer es allen recht machen möchte, scheitert allerdings häufig", warnt die Expertin aus Hamburg. Denn es sei meist nicht möglich, ein extremes Engagement dauerhaft auf diesem hohen Level zu halten.

Zudem wirke man oft unnatürlich und unentspannt, wenn man sich ständig selbst unter Druck setze. "Kollegen und Vorgesetzte merken schnell, wenn jemand alles mit sich machen lässt – und dann nutzen sie es aus", sagt Hofert. So manövriere man sich unter Umständen in eine ungünstige Position. Sie empfiehlt Betroffenen daher, sich nicht über die Maße anzupassen, sondern durchaus die eigenen Bedürfnisse zu äußern. "Schließlich geht es hier um einen Vertrag zwischen zwei Parteien – und da hat jede Seite ihre Rechte und Pflichten", sagt die Karriereberaterin.

Planungssicherheit ist selten

Ob man mit befristeten Jobs dauerhaft glücklich werden könne, habe viel mit der eigenen Einstellung zu tun. "Manche schätzen an dieser Arbeitsweise, dass sie vielfältige Einblicke in Unternehmen bekommen und viele Kontakte knüpfen können", sagt Hofert. Es helfe auch, sich klarzumachen, dass selbst ein unbefristeter Vertrag keine Planungssicherheit biete. "Und auch Selbstständige müssen diesen Zustand aushalten", ergänzt Bölke.

Wer allerdings unter der Unsicherheit leide, sollte sein Schicksal selbst in die Hand nehmen. "Sprechen Sie ihren Chef ruhig immer wieder auf das bevorstehende Vertragsende an und fragen Sie ihn, wie die Chancen auf eine Entfristung stehen", rät Svenja Hofert. Für manchen sei es jedoch langfristig sinnvoller, sich neu zu orientieren.

Laut Ute Bölke gibt es viele Möglichkeiten, die Chancen auf einen festen Job zu erhöhen. "Überlegen Sie sich, an welchem Punkt Sie Ihre Situation ändern können – etwa durch Fortbildungen, einen Umzug oder auch den Wechsel in eine andere Branche", rät die Karriereexpertin. Auch der Aufbau eines beruflichen Netzwerkes könne dazu beitragen, sich sicherer zu fühlen.

"Wichtig ist, sich klarzumachen, dass der Markt sich nicht für einen ändern wird", sagt Ute Bölke. Jeder müsse daher selbst entscheiden, ob er mit Befristungen leben kann – auch noch in zehn oder zwanzig Jahren – oder ob er mehr Sicherheit braucht und daher einen anderen Weg einschlägt.

dapd