Berlin (dapd). Familie und Job zu vereinbaren ist eine große Herausforderung. Das gilt nicht nur für Eltern kleiner Kinder. Auch diejenigen, die in ihrer Freizeit einen kranken Angehörigen pflegen, leiden oft unter der Doppelbelastung. "Ich empfehle Betroffenen, in ihrem Unternehmen von Anfang an transparent mit ihrer Situation umzugehen", sagt Imke Wolf, Leiterin der Online-Angehörigenberatung pflegen-und-leben.de. Pflegende Angehörige sollten ihrem Chef und ihren Kollegen gegenüber klar kommunizieren, welche Aufgaben nach Feierabend zu Hause auf sie warten. "Gemeinsam kann man dann einen Notfallplan erarbeiten für Zeiten, in denen der Betroffene aufgrund der Pflegesituation kurzfristig ausfällt", sagt die Diplom-Psychologin. Möglicherweise könne man auch an manchen Tagen von zu Hause aus arbeiten oder die Arbeitszeiten flexibler gestalten.
Auch verschiedene gesetzliche Regelungen sollen Arbeitnehmern helfen, die Pflege eines Angehörigen gut mit ihrem Beruf zu vereinbaren. "In diesem Bereich sollte allerdings noch viel mehr getan werden", betont Wolf. Derzeit greife in solchen Fällen unter anderem das Pflegezeitgesetz. Es besage, dass Arbeitnehmer ein Recht auf bis zu zehn Tage Sonderurlaub haben, wenn sie kurzfristig einen Angehörigen betreuen müssen, oder dass sie eine Auszeit von einem halben Jahr nehmen können – allerdings unentgeltlich. "Grundsätzlich hat auch jeder, der in einem größeren Betrieb arbeitet, ein Recht auf Teilzeitarbeit", sagt die Expertin.
Familienpflegezeit muss aufgeholt werden
Die erst neu eingeführte Familienpflegezeit solle es Arbeitnehmern außerdem ermöglichen, sich bis zu zwei Jahre verstärkt der Betreuung eines Angehörigen widmen zu können. "Man halbiert beispielsweise die Arbeitszeit, erhält aber während dieser Zeit drei Viertel seines Gehaltes. Nach der Rückkehr in die Vollzeitbeschäftigung arbeitet man so lange für diesen niedrigeren Lohn weiter, bis man den Vorschuss ausgeglichen hat", erklärt Imke Wolf.
Viele Unternehmen engagierten sich bereits dafür, dass ihre Mitarbeiter Job und Pflege unter einen Hut bekommen können. "Um herauszufinden, welche Regelungen es in der Firma gibt und welche Ansprüche man hat, kann man sich beispielsweise an den Betriebs- oder Personalrat wenden", empfiehlt die Expertin. Auch bei der Personalabteilung oder beim Behindertenbeauftragten des Unternehmens könne man wertvolle Tipps bekommen.
(Das Internetportal pflegen-und-leben.de bietet eine kostenlose Online-Beratung für pflegende Angehörige, die seelisch belastet sind.)
dapd