Berlin (dapd). Was in anderen Ländern gang und gäbe ist, wird es nun auch in Deutschland geben: ein Fernbusliniennetz. Bisher durften Busse per Gesetz der Bahn keine Konkurrenz machen, mit wenigen Ausnahmen: Fernbusangebote habe es bisher nur dort gegeben, wo Zugverkehr nur zu bestimmten Zeiten oder gar nicht stattfand, erläutert Heidi Tischmann vom Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) in Berlin.

Auch nach Berlin waren aufgrund der einstigen Insellage der Stadt Fernbusverbindungen erlaubt, was nach der Wiedervereinigung beibehalten wurde. Allerdings, betont Tischmann, wurden diese ausschließlich von der Deutschen Bahn bedient. Nun dürfen seit 1. Januar 2013 in ganz Deutschland weitere Anbieter auf den Markt.

"Es wurden schon viele Strecken angemeldet, so dass es gleich zu Beginn ein relativ umfangreiches Angebot an Verbindungen geben wird", hat Tischmann beobachtet. Alle Anbieter müssen ein rund sechs Monate dauerndes Genehmigungsverfahren durchlaufen, bei dem unter anderem die Solvenz, Ausstattung, Sicherheit und die Streckenführung mit ihren Haltestellen geprüft werden. Es sei zu erwarten, dass im Laufe des Jahres weitere Strecken hinzukommen, sagt die Verkehrsexpertin. Für den Reisenden mache das die Suche nach der passenden Verbindung nicht einfach: "Leider gibt es bisher keine zentrale Buchungsplattform, man muss im Internet auf die Suche gehen."

Das kann sich jedoch lohnen, denn Fernbusse bieten einige Vorteile. Tischmann sieht in ihnen dabei nicht unbedingt eine Konkurrenz zur Bahn: "Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass sich Bus und Bahn gut ergänzen und sogar voneinander profitieren können." Umweltfreundlicher als das Auto seien beide, wobei der Bus sogar die Nase vorn habe. Häufig fahren Fernbusse Orte direkt an, die von der Bahn nicht, selten oder nur mit Umsteigeverbindungen bedient werden. Dazu gehören auch manche Ferienregionen, die dann bequem ohne Auto erreicht werden können.

Für Urlauber besonders vorteilhaft: Das Gepäck wird sicher unten im Bus verstaut und man muss sich nicht mehr darum kümmern. "Auf manchen Linien gibt es außerdem die Möglichkeit, sein Fahrrad mitzunehmen, was zum Beispiel im ICE der Bahn nicht geht", sagt Tischmann. Eine weitere Annehmlichkeit: In den modernen Bussen wird häufig ein kostenloser WLAN-Zugang angeboten.

Die Anbieter von Fernbusverbindungen werben mit niedrigen Preisen, seien jedoch nicht grundsätzlich günstiger als die Sparpreise der Bahn, betont Tischmann. Sie empfiehlt daher, die Ticketpreise zu vergleichen, vor allem, wenn lange im Voraus gebucht wird. Bei ihrer Planung sollten Reisende außerdem berücksichtigen, dass sich die Bahnhöfe in der Regel im Stadtzentrum befinden, während Busterminals häufig in Außenbezirken angesiedelt sind. Besonders bei direkten Verbindungen hat die Bahn einen weiteren klaren Vorteil: die Zeit. Sie ist in den meisten Fällen um einiges schneller als der Bus. Wer es jedoch nicht eilig hat und günstig und bequem reisen möchte, für den können die neuen Fernbuslinien eine interessante Alternative sein.

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