Salt Lake City (dapd). Ein längerer Aufenthalt in der Natur steigert die Kreativität. Nach nur vier Tagen ohne elektronische Geräte verbesserten Rucksackwanderer ihr Ergebnis bei einem Kreativitätstest um die Hälfte, wie Psychologen der US-Universitäten von Utah und Kansas im Onlinejournal "PLOS ONE" berichten.

Die Forscher hatten 30 Männer und 26 Frauen auf vier- bis sechstägige Rucksacktouren in verschiedenen Staaten der USA geschickt, bei der elektronische Geräte verboten waren. Ein Teil der Wanderer absolvierte vor dem Start einen Kreativitätstest, die übrigen Teilnehmer machten den Test am vierten Tag der Wanderung. Beim sogenannten "Remote Associations Test" geht es darum, jeweils zu drei Wörtern ohne engen Zusammenhang ein passendes viertes zu finden. Weil bei dem Test in beiden Durchgängen dieselben Wortgruppen genutzt werden sollten, konnten die Psychologen nicht alle Teilnehmer zu Beginn und am Ende der Wanderung befragen – dann hätten die Wanderer beim zweiten Durchgang bereits die Assoziation aus dem ersten Durchgang im Kopf gehabt und so das Ergebnis verfälscht.

Die erste Gruppe erzielte durchschnittlich 4,14 von zehn möglichen Punkten. Die zweite Gruppe lag mit 6,08 Punkten rund 50 Prozent darüber. Altersunterschiede hatten die Forscher berücksichtigt, um auszuschließen, dass der mit dem Alter wachsende Wortschatz das Ergebnis verzerrt.

Vorteile der Naturerfahrung wissenschaftlich kaum verstanden

"Das ist ein Weg, um zu zeigen, dass die Interaktion mit der Natur einen wirklichen, messbaren Nutzen bietet, um kreativ Probleme zu lösen", erklärt David Strayer, Koautor der Studie und Psychologieprofessor an der University of Utah. Dieser Zusammenhang sei bislang so formal noch nicht gezeigt worden. "Schriftsteller haben seit Jahrhunderten darüber gesprochen, weshalb der Umgang mit der Natur so wichtig ist, und viele Menschen unternehmen Reisen", sagt Strayer. Aber er denke nicht, dass die Vorteile davon aus wissenschaftlicher Sicht gut verstanden seien. Die vorliegende Studie ist die erste, die die Teilnehmer für längere Zeit in der Natur hielt und auch dort die Tests durchführte.

Nicht klären konnte die Studie aufgrund ihres Aufbaus allerdings, welchen Anteil am Ergebnis die Naturerfahrung und welchen die Abwesenheit elektronischer Geräte hatte. Frühere Studien haben zwar ebenfalls gezeigt, dass die Natur positive Effekte bewirkt, doch sei es genauso schlüssig, dass der Verzicht darauf, "sich um den Verstand zu multitasken" mit den beobachteten Vorteilen zusammenhänge, urteilte Strayer.

Erholung in der Natur wird immer seltener genutzt

Gemeinsam mit den weiteren Autoren Ruth Ann Atchley und Paul Atchley von der University of Kansas warnt Strayer vor der Entwicklung, immer weniger Zeit in der Natur und mehr mit elektronischen Medien zu verbringen. Für die USA haben frühere Studien festgestellt, dass Kinder heute nur noch 15 bis 25 Minuten am Tag draußen spielen oder Sport treiben, 8- bis 18-Jährige aber mehr als 7,5 Stunden täglich Medien wie Fernsehen, Handy oder Computer nutzen. Die Freizeiterholung in der Natur ist in den letzten drei Jahrzehnten stetig zurückgegangen. Dabei sei es gerade die Natur, die unsere Aufmerksamkeit regenerieren könne, schreiben die Autoren. Strayer betont, die Studie zeige, "die Auswirkungen, die es hat, wenn man rund um die Uhr hinter einem Computer sitzt, können von einer Wanderung in der Natur ausgeglichen werden".

dapd