Bonn/Ludwigshafen/München (dapd). Über 26.600 Menschen sterben nach Informationen der Stiftung LebensBlicke in Deutschland Jahr für Jahr an Darmkrebs. Damit ist die Krankheit hierzulande die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache – nur Lungenkrebs fordert mehr Menschenleben. "Wird sie aber im Anfangsstadium entdeckt, wenn sich noch keine Metastasen gebildet haben, liegen die Heilungschancen bei über 95 Prozent", berichtet Jürgen Riemann, Vorsitzender der Gastro-Liga und Vorstandsvorsitzender der Stiftung LebensBlicke. "Das verdanken wir modernen Diagnose- und Behandlungstechniken sowie Operationsmethoden und Medikamenten, die sich in den vergangenen Jahren enorm weiter entwickelt haben."

Polypen können Anfangsstadium sein

Da der Tumor sehr langsam wächst, ist es eigentlich nicht schwer, ihm rechtzeitig auf die Spur zu kommen. Am Anfang bilden die erkrankten Zellen am Dick- oder Mastdarm kleine Gewächse, Polypen genannt. Die meisten Polypen sind in den ersten Jahren gutartig, können aber eines Tages bösartig werden. "Daher empfiehlt es sich, sie frühzeitig zu entdecken und zu entfernen", betont der Gastroenterologe. Dies könne ohne großen Aufwand ambulant während einer Darmspiegelung geschehen, bei der die Ärztin oder der Arzt den Darm mit einem weichen Schlauch untersuche.

Früherkennung durch Darmspiegelung steigert Lebenschancen

"Leider nimmt aber im Durchschnitt nur jeder Fünfte über 55 seinen gesetzlichen Anspruch wahr, durch eine Darmspiegelung sein persönliches Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, zu senken", berichtet Berndt Birkner, Kuratoriumsmitglied und Vizepräsident des Netzwerks gegen Darmkrebs. Allerdings stiegen langsam aber stetig die Teilnahmeraten und brächten erste Erfolge. "Wir haben heute jährlich mit 70.000 Menschen demographiebedingt doppelt so viele Neuerkrankungen wie vor zehn Jahren. Trotzdem ist die Sterblichkeit zurückgegangen. Denn die Tumoren werden früher entdeckt und wirksamer behandelt."

Bildgebungsverfahren und Biologika erhöhen Heilungschancen

Selbst wenn die Krankheit schon weiter fortgeschritten sei als befürchtet, gebe es heutzutage mehr Anlass zur Hoffnung, als viele glaubten, betont auch Jürgen Riemann. "Die Chance, bei fortgeschrittenem Darmkrebs noch mehr als fünf Jahre zu leben – dies gilt als kritischer Zeitraum, in dem sich häufig noch Metastasen bilden können – liegen mittlerweile bei fast 60 Prozent. Noch vor 20 Jahren lagen sie nur halb so hoch." Das liege vor allem an der erst seit wenigen Jahren praktizierten modernen Metastasentherapie, die mit Hilfe genauer Bildgebungsverfahren und zielgenauer sogenannter Biologika die Entstehungswege von Krebszellen blockieren können.

Gesunder Lebensstil und Vorsorge minimieren Risiken

Dennoch sei die sicherste Art, Darmkrebs zu bekämpfen, immer noch Prävention und Früherkennung. "Durch eine gesunde Ernährung mit viel Obst und Gemüse, ballaststoffreicher und fettarmer Küche lässt sich das Risiko ebenso senken wie durch regelmäßige Bewegung und Vermeidung von Übergewicht, ebenso durch nur mäßigen Alkoholgenuss und den Verzicht auf Zigaretten." Am wichtigsten sei aber eine konsequente Vorsorge, betont Riemann. Alle über 50 könnten und sollten das Angebot der jährlichen Darmkrebs-Früherkennungsuntersuchung nutzen, zu der je nachdem eine Fingertastuntersuchung (Palpation), ein Hämoocculttest oder bei Bedarf auch die Darmspiegelung gehörten – erst ab 55 ist die Darmspiegelung bei der Vorsorge Standard.

dapd