Dinslaken/Gelsenkirchen (dapd). Der Verlust eines geliebten Menschen ist unendlich schwer. Denn Zeit heilt eben nicht alle Wunden, wie Heinz-Willi Melsa erfahren musste. Seine Tochter Inken verstarb 2005 mit nur 14 Jahren. "Für jeden Trauenden ist der Weg ein anderer", erklärt der Vater, der sich seit vielen Jahren in einer Selbsthilfegruppe für verwaiste Eltern engagiert. Die Trauer werde immer bleiben, genau wie der Verlust. "Aber Freude ohne schlechtes Gewissen kommt wieder. Und Erinnerungen sind nicht nur schmerzhaft, sondern auch sehr positiv", sagt Melsa.

Früher galten für trauernde Hinterbliebene klare Verhaltensweisen, sagt die Gelsenkirchener Trauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper. "Heute sind schwarze Kleidung oder ein Trauerjahr, in dem an keiner öffentlichen Veranstaltung teilgenommen werden darf, lange keine Pflicht mehr", betont die Expertin. Sie habe in ihrer Arbeit mit Trauernden oft erfahren, dass für einige Trauerkleidung sehr wichtig sei, denn diese könne auch Schutz geben und ein klares Signal setzen als Zeichen der nach außen getragenen Trauer.

Es sei heute aber auch vollkommen in Ordnung, wenn Hinterbliebene sich direkt nach dem Tod so kleideten wie vorher. "In der Trauer gelten keine verbindlichen Regeln. Die Umstände eines Todes und auch alle Beteiligten sind so verschieden", sagt die Trauerbegleiterin. Wichtig sei es, auf das eigene Gefühl zu vertrauen und nicht auf vermutete Erwartungen des Umfeldes zu reagieren. Umgekehrt dürften auch Freunde und Verwandte eigene Befindlichkeiten nicht auf den Trauernden übertragen.

Dies gelte nicht nur für die Kleidung, sondern auch für die Erwartungen, wie sich jemand zu verhalten habe, der einen nahe stehenden Menschen verloren hat. "Wer selbst ein sehr emotionaler Mensch ist, geht davon aus, dass ein Mensch in Trauer viel weint. Doch nicht jede Reaktion ist so offensichtlich. Es gibt Angehörige, die nach dem Tod sehr aktiv werden – andere vermeiden das Thema für sich zunächst oder konzentrieren sich darauf, erst einmal alle Formalitäten zu organisieren", erklärt die Autorin.

Es dauere manchmal lange, das Geschehene wirklich zu erfassen, sagt Schroeter-Rupieper. "Einfach nur abwarten, das allein reicht nicht. Nach dem Tod eines geliebten Menschen muss aktive Trauerarbeit geleistet werden." Dazu gehöre, den Verlust zu begreifen und die Vielfalt an eigenen Gefühlen zuzulassen. Es sei ein schwerer Prozess, das Leben ohne den Verstorbenen neu zu gestalten. "Trauer bedeutet auch zu lernen den Anderen zu vermissen und doch das eigene Leben aktiv weiterzuleben. Vieles wird nun anders, das ist auch eine Chance mit neuen Aktivitäten und dem Entdecken von unbekannten Fähigkeiten", betont die Gelsenkirchenerin. "Ein Umzug, zum ersten Mal eine Steuererklärung alleine ausfüllen, auch das ist Trauerarbeit. So wenig wie sich genug gefreut werden kann, so wenig ist auch genug trauern möglich."

Die Wunde, die der Tod hinterlasse, könne nie ganz verschwinden. "Es ist aber wichtig, dass alles gut verheilt. Mit Trauerarbeit kann der Schmerz nachlassen. Trauernde können selbst dafür sorgen, dass die Wunde der Trauer zu einer guten Narbe wird, die zwar immer da ist, aber mit der Zeit nicht mehr wehtun muss. Angehörige und Freunde könnten hier mit Nachfragen helfen. Auch Unterstützung von Dritten, etwa Trauerbegleitern oder Seelsorgern könne sehr hilfreich sein.

Sehr schwierig sei es, wenn das Umfeld erwarte, dass Trauernde nach einiger Zeit den Verlust doch überwunden haben müssten. Auch nach vielen Jahren sei die Trauer immer noch vorhanden. "Mein Kind ist ja auch noch immer tot. Es gibt immer wieder Anlässe oder plötzliche Erinnerungen, die den Schmerz wieder kommen lassen", sagt Heinz-Willi Melsa.

Auch die Trauerbegleiterin kennt diese Erwartungen an Trauende. "Es tut weh, wenn andere mit einem "Es reicht" die eigenen Gefühle bewerten. Viele Trauernde möchten reden, möchten die Erinnerung lebendig halten. Damit der Verlust ein Teil des Lebens wird, kann das sehr hilfreich sein", sagt Mechthild Schroeter-Rupieper.

Wichtig sei, dass die Hinterbliebenen bestimmten, was ihnen gut tue. "Der Verlust kann ein Teil des eigenen Lebens werden. Dabei helfen persönliche Zeichen. Ein spezieller Ort, an dem an den Verstorbenen gedacht wird, das kann eine Gartenbank oder ein See sein, vieles ist möglich. Hilfreich ist auch eine Kerze oder eine Blume, die für den Toten symbolisch bei besonderen Anlässen, etwa Familienfeiern, dabei ist", sagt die Expertin. Denn im Herzen der Trauernden habe der Verstorbene immer einen besonderen Platz.

dapd