Mainz (dapd). Als Eltern mag man es erst gar nicht glauben: Der eigene Sohn oder die eigene Tochter schlägt im Streit mit anderen Kindern einfach zu. Was sollten Eltern tun, wenn ihr Kind die Fäuste sprechen lässt? Erst einmal Ruhe bewahren, rät Ulrich Gerth, Vorsitzender der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke).

"Kinder müssen lernen, mit Gewalt umzugehen", sagt Gerth. "Das lernen sie nicht, wenn gleich die Erwachsenen eingreifen." Sein Tipp: Nach dem Impuls, intervenieren zu wollen, sollten Eltern zehn Sekunden abwarten – häufig werde die Situation den Kindern dann selbst so unerträglich, dass sie eine andere Lösung für ihren Konflikt finden. "In der Regel intervenieren Erwachsene zu früh", stellt Gerth fest. Drohen Verletzungen, müssen Eltern natürlich gleich dazwischengehen. Doch auch dann sollten sie nicht gleich Schiedsrichter spielen, sagt der Experte. "Besser ist es, sich von beiden Beteiligten die Situation schildern zu lassen und den Kindern zu helfen, selbst Lösungen zu finden", sagt er.

Meistens reagierten Kinder mit Gewalt, wenn sie sich unterlegen oder in die Enge getrieben fühlten, sagt Gerth. Auch wenn Konflikte im Elternhaus gewaltfrei gelöst werden, erfahren Kinder von anderen Kindern oder aus dem Fernsehen, dass Hauen neue Verhältnisse schaffen kann. Diesem Verhalten sollten Eltern einen klaren Riegel vorschieben. Sanktionen seien dabei oft wirkungsvoller als gebetsmühlenhaft wiederholte Argumente, sagt der Experte: "Ein- oder zweimal erklären reicht!" Dies gelte besonders, wenn Eltern selbst Zielscheibe kindlicher Gewalt werden. Schlägt das Kind immer wieder zu, sollten Eltern nach dem tieferen Grund suchen: Gibt es Probleme in der Familie, die das Kind belasten? Ist es selbst Opfer und traut sich nicht, davon zu erzählen? "Da ist es gut, wenn ein Fachmann oder eine Fachfrau die richtigen Fragen stellt", sagt Gerth. Er rät, in dem Fall eine Erziehungsberatungsstelle aufzusuchen.

dapd