Berlin/Hannover (dapd). Es juckt, brennt und ist extrem unangenehm: So fühlt es sich an, wenn sich ein Pilz im Scheidenbereich ausbreitet. Manchmal ist die Infektion nur ein kurzzeitiges Problem. Oft genug rutschen betroffene Frauen aber in eine Wiederholungsschleife und werden den Pilz einfach nicht los: "Wenn so eine Infektion immer wiederkehrt, ist es wichtig, einmal genau zu schauen, was die möglichen Ursachen sind", sagt Professor Klaus Vetter, Leiter der Klinik für Geburtsmedizin am Vivantes Klinikum Neukölln in Berlin. Eine Scheidenpilzinfektion sei gewöhnlich ein Hinweis darauf, dass sich die Keime auf der empfindlichen Haut im Genitalbereich nicht in der Balance befinden. "Erst wenn man weiß, warum das so ist, kann man gezielt und nachhaltig behandeln."

Antibiotikum und Diabetes

Auf der menschlichen Haut herrscht Leben. An allen Körperstellen sind Pilze und Bakterien daheim und sorgen für eine gesunde Hautflora. "Erst wenn es zu einem Missverhältnis kommt und eines von beiden überhandnimmt, entwickelt sich eine Infektion", sagt Vetter. Klassiker sei deshalb zum Beispiel die Scheidenpilzinfektion nach einer Antibiotikatherapie. "Das Antibiotikum verringert die Anzahl der Bakterien, so dass es mehr Pilze als Bakterien auf der Haut gibt." Wer davon betroffen ist, könne mit einer Vaginalcreme gezielt gegen die Überzahl der Pilze vorgehen. Auch die Zuckerkrankheit, Diabetes mellitus, erhöht das Risiko für Scheidenpilz, erklärt der Experte: "Betroffene Frauen haben mehr Zucker im Scheidensekret, so dass sich Genitalpilze schneller vermehren." Die Erkrankung ist dann oft ein wichtiges Signal, dass der Blutzuckerspiegel nicht richtig eingestellt ist. Mit einer korrigierten Insulinbehandlung oder Ernährungsumstellung seien in der Regel auch die wiederkehrenden Genitalpilzprobleme behoben.

"Manchmal ist das Problem aber auch ein Hinweis auf ein geschwächtes Immunsystem, zum Beispiel bei Raucherinnen", sagt Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte aus Hannover.

Zu viel Hygiene

Pilze siedeln normalerweise auf der Haut. "Problematisch wird es, wenn sie in die Haut oder Schleimhaut gelangen und sich dort ausbreiten", sagt der Gynäkologe Albring. Das passiert vor allem dann, wenn die Haut gereizt ist. "Viele Frauen waschen sich zu viel und richten damit mehr Schaden als Nutzen an." Albring sieht ein Problem in einer übersteigerten Sauberberkeitsvorstellung: "Die Werbung macht uns Glauben, dass Intimreiniger, Lotionen oder Sprays wichtig für die Hygiene sind. Doch das stimmt nicht." Gerade im Intimbereich sei die natürliche Hautflora extrem wichtig: "Wer da immer mit Seifen und Duschgels wäscht, strapaziert die Schleimhaut und es entstehen eine Milieustörung und kleine Risse, die den perfekten Nährboden für Pilze und Keime bieten." Zudem verliert die Scheide ihren natürlichen Säureschutz. "In der Scheide sollte ein PH-Wert vom 4 bis 4,5 herrschen, jeder Seifenkontakt kann diesen Säureschutz verringern." Albring empfiehlt Frauen, sich zwischen den Schamlippen nicht mit Seife oder ähnlichen Reinigern zu waschen. "Beim Duschen kann der äußere Bereich der Scham mit Duschgel gereinigt und abgespült werden, das ist vollkommen ausreichend." Wichtig auch: Keinen Waschlappen im Scheidenbereich benutzen: "Er ist Bakterienträger und die mechanische Reibung ist zu heftig für empfindliche Haut", warnt der Experte.

Keine Strings tragen

Wer häufig unter Scheidenpilz leidet, sollte auch mal seinen Kleiderschrank unter die Lupe nehmen, rät Professor Vetter. "Viele Frauen haben Unterwäsche, die nicht heiß gewaschen werden darf und somit immer wieder den Pilz überträgt." Diese Unterhosen mit Kunststoffanteil sollten ausgemistet werden. "Das gilt auch für String-Tangas", ergänzt Christian Albring. "Die schmalen Höschen übertragen durch die Bewegung des elastischen Strings schnell Keime vom After zur Scheide."

Gleichgewicht wiederherstellen

Bei einer bestehenden Pilzerkrankung sei immer das erste Therapieziel, das Gleichgewicht der Keime auf der Haut wiederherzustellen, sagt Vetter: "Dazu gehört vor allem eine ganz behutsame und gezielte Pflege." Im akuten Stadium sei es optimal, sich nur mit reinem und warmem Wasser zu waschen, beispielsweise in einem Bidet. "Danach ist es wichtig, sich gründlich abzutrocknen, am besten mit der warmen Luft eines Föhns." Nicht immer sei eine Behandlung mit einer Anti-Pilz-Creme erforderlich: "Mit etwas Geduld beseitigt man die Pilze auch ohne Salbe oder Creme", sagt Vetter und empfiehlt zum Beispiel ein einmaliges Sitzbad mit Kaliumpermanganat zur Förderung der Wundheilung. "Wenn man es als angenehm empfindet, kann man zur Prophylaxe eine reine Fettsalbe auf die betreffenden Hautpartien geben." Diese sollte dann aber gut hautverträglich sein: "Verwenden Sie nur Produkte ohne Alkohol oder allergene Zusatzstoffe, wie zum Beispiel Parfüm", rät Vetter.

Es sei nicht erforderlich, den Intimbereich zu rasieren, sagt der Experte. Für viel wichtiger hält er eine saubere Unterhose aus reiner Baumwolle: "Bei schweren Verläufen können übergangsweise auch Einmalhöschen aus dem Fachhandel zum Einsatz kommen."

dapd