Muckenthal/Oberpfalz (dapd). Muckenthal ist ein Minidorf, das typisch ist für die nördliche Oberpfalz: Mit wenigen Höfen, vielen Teichen, einer Straße, Wald und Wiesen. Sonst nichts. Einer der Höfe gehört Teichwirt Klaus Bächer. Der 43-Jährige ist einer der wenigen Berufsfischer, die in der dünn besiedelten Gegend nahe der tschechischen Grenze noch ausschließlich von der Fischzucht leben. Seine 50 Teiche, auf 50 Hektar verteilt, ernähren – Eltern und Kinder mitgerechnet – drei Generationen. "Wer zu uns kommt kann sehen, wie der Fisch, den er isst, auf natürliche Weise heranwächst," sagt Bächers Frau Manuela. "Wir züchten alles selbst, gefüttert wird nur mit selbst angebautem Weizen." Die Bächers betreiben neben der Fischzucht, einem Hofladen und dem "Fischerstüberl" auch Landwirtschaft.
Das älteste Teichzuchtgebiet Europas
Die Haupteinnahmequelle sind nicht die Felder, es sind die flachen, stehenden Gewässer. Hier gedeiht der Karpfen, der die Gegend bekannt gemacht hat. Der Begriff "Oberpfälzer Karpfen" ist inzwischen als Marke geschützt wie die Münchner Weißwurst. Viele Tonnen Karpfen, die jedes Jahr – nicht nur an Silvester – auf den Tellern landen, kommen aus der Gegend um Tirschenreuth. Oberpfalz ist Teichland. Hier gibt es mehr als 4.700 Teiche. Die Region vermarktet sich daher seit einigen Jahren als "Land der tausend Teiche". "Unsere Gegend ist das älteste Teichzuchtgebiet Europas", sagt Peter Knott vom Tourismusamt Oberpfälzer Wald. "Allein im Waldland zwischen Tirschenreuth, Mitterteich, Wiesau und Friedenfels links und rechts der Autobahn 93 liegen 2.500 Fischteiche." "Große Teichpfanne" nennen die Tirschenreuther dieses wasserreiche Gebiet; eine weitere Zone breitet sich etwas weiter westlich bei Kemnath aus.
Klassisch blau oder im Bierteig ausgebacken
Von Frühjahr bis Herbst können Besucher mit Fischbauern auf Teich-Tour gehen und mehr über deren tägliche Arbeit erfahren – vom Ablaichen der Fische im Frühjahr, über die Brutaufzucht und Fütterung im Sommer, bis zur Fischernte und Verarbeitung im Herbst. Dabei geht es nicht nur um Karpfen, sondern auch um Zander, Hecht oder Stör.
Auch im Winter zieht es Besucher hierher – in der wasserreichen Gegend entlang der zugefrorenen Weiher und Tümpel lässt es sich wunderbar spazieren, um dann in eine Fischgaststätte einzukehren. In der Oberpfalz wird Karpfen zu Würsten verarbeitet oder klassisch blau serviert. Die Spezialität im "Fischerstüberl" der Bächers ist grätenfreies Filet im Bierteig ausgebacken. Dazu reicht man den "Karpfentrunk". Dieses spezielle Bier braut die Schlossbrauerei Friedenfels, die sich ebenfalls für den Oberpfälzer Karpfen engagiert. Sie hat bunte Gläser mit Fischmotiven anfertigen lassen. Braumeister Otto Geyer sagt, dass das Bier "gut ankommt".
Mönche entwickelten die Teichwirtschaft
Karpfen und Oberpfalz gehören seit langer Zeit zusammen. "Bereits im Mittelalter wurden Teiche angelegt und bewirtschaftet – kräftig gefördert vom nahen Kloster Waldsassen", sagt Peter Knott. Die Fischzucht sei im Mittelalter von Zisterzienser-Mönchen entwickelt worden. "Die Fische dienten nicht nur als Fastenspeise. Mönche hatten schnell erkannt, dass mit der Teichwirtschaft gutes Geld zu verdienen ist." Laut Überlieferungen brachte Fisch damals den achtfachen Preis von Rindfleisch – nur Salz war noch kostbarer.
An der Karpfenzucht hat sich seither wenig geändert. Im Herbst lässt man nach uraltem Plan das Wasser aus den oft trüben, leicht schlammigen Gewässern ablaufen. Dann kommt die Stunde der "Ernte".
Zur Abfisch-Zeit ab Ende September kommen die meisten Besucher. Dann gibt es im Landkreis Tirschenreuth die "Erlebniswochen Fisch" mit Hoffesten, Schlacht-, Filetier- und Räucherkursen, Kochseminaren und geführten Wanderungen zum Beispiel auf dem "Phantastischen Karpfenweg" mit seinen von Künstlern geschaffenen bis zu zwei Meter großen Fischskulpturen.
dapd