Duisburg/Hof (dapd). Er ist groß, hat eine tiefe Stimme, ein langer Bart verdeckt sein Gesicht – und er scheint alles zu wissen: Gerade für kleine Kinder kann so ein Nikolaus ganz schön unheimlich sein. Lässt sich der Adventsritus trotzdem zeitgemäß gestalten?
"Durchaus", findet Pater Gregor Pahl aus der Prämonstratenser-Abtei Hamborn in Duisburg, "wenn man die eigentliche Bedeutung der Nikolaus-Legende wieder in den Mittelpunkt rückt. Auf keinen Fall darf man den Auftritt für eine moralische Abrechnung nutzen." Der Priester und Prämonstratenser-Novize ist Referent der "Nikolausfortbildung" für ehrenamtliche Nikolaus-Darsteller, die der Bund der Katholischen Jugend (BDKJ) Köln in mehreren Städten in Nordrhein-Westfalen initiiert hat. Die Fortbildungen finden im Rahmen der Aktion "Nikolaus komm in unser Haus" statt, mit der mehrere katholische Organisationen einen Kontrapunkt zu einer "auf Konsum getrimmten Weihnachtszeit" setzen wollen. Die eigentliche Botschaft des Nikolaus‘ sei soziales Handeln und christliche Nächstenliebe und die gelte es, wieder in den Vordergrund zu rücken.
Pater Gregor rät den Nikolaus-Darstellern, die in der Adventszeit in Familien ebenso wie in Kindertagesstätten unterwegs sein werden, immer schon im Vorfeld eines Auftritts den Ablauf zu klären und jenen Eltern, die Verhaltensweisen oder Verfehlungen ihrer Kinder zum Thema machen wollen, deutlich zu machen, "dass das nicht der Sinn eines Nikolaus-Auftritts ist".
Allwissenheit verunsichert die Kinder
Gerade diese scheinbare Allwissenheit des Nikolaus, der in seinem goldenen Buch Informationen zu sammeln scheine, die er doch eigentlich gar nicht haben könne, verunsichere viele Kinder, sagt Erziehungsberater Andreas Engel, Vizevorsitzender der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke): "Sie haben den Eindruck, dass er ins Herz und in den Kopf blicken kann, und das ist ihnen unheimlich." Die Kinder ahnten zwar, dass es sich bei dem unbekannten Besucher um jemanden handelt, der sich verkleidet hat, "aber sie können ihn nicht einschätzen". Unabhängig davon ist für den Psychologen aus dem bayerischen Hof ein Nikolaus, der mahnend oder gar strafend auftritt, "eine Figur aus der schwarzen, autoritären Pädagogik", die alles andere als zeitgemäß sei.
Pater Gregors Anliegen ist eine moderne Nikolausbotschaft, die genaugenommen die Rückbesinnung auf die historische Tradition bedeutet und die Legende des Bischofs von Myra in den Mittelpunkt stellt: "Uns ist die gute Botschaft des Nikolaus wichtig, der sich als Hirte für sein Volk eingesetzt hat." Für das Geschenk aus dem großen Sack, "das die Kinder ja auch erwarten", sei dabei durchaus noch Platz, "aber es sollte nicht im Vordergrund stehen".
Auf Augenhöhe mit den Kindern
Ein paar praktische Verhaltensweisen gibt er den Nikolausdarstellern in den Fortbildungen zusätzlich auf den Weg: "Sich kleiner zu machen und sich auf Augenhöhe mit dem Kind zu begeben, ist ganz wichtig." Und wenn nun trotzdem ein Dreijähriger angesichts des Unbekanntem im festlichen Umhang erschrocken in Tränen ausbricht? "Wenn es gar nicht geht, muss man eben abbrechen." Man könne auch erst vor den Augen der Kinder das Nikolausgewand anlegen – zu dem übrigens keinesfalls eine Weihnachtsmann-Mütze gehöre, sondern immer die Bischofsmitra: "Das macht deutlich, dass der Darsteller in eine Rolle schlüpft."
Und wie kann man als Eltern reagieren, wenn ein Nikolausauftritt im Kindergarten dem Kind Angst gemacht hat? "Man sollte sich für die Erlebnisse interessieren, das Kind erzählen oder malen lassen", rät Erziehungsberater Engel. Rückt der beängstigende Aspekt stark in den Vordergrund, "sollte man auch aufklärend tätig sein" und das Geheimnis um den Nikolaus lüften.
dapd