London (dapd). Bestimmte Pestizide schädigen die Hirnfunktionen von Honigbienen. Bereits in Konzentrationen, wie sie in der Praxis vorkommen, leidet das Gedächtnis der Tiere. Zu den problematischen Substanzen gehöre auch ein Mittel gegen Milben, das eigentlich Bienenstöcke schützen soll, berichten Forscher im Fachjournal "Nature Communications" (doi: 10.1038/ncomms2648).

Pestizide, die gezielt die Kommunikation zwischen Hirnzellen stören, wirken als Nervengift und sind entsprechend effektiv. Sie stehen aber auch im Verdacht, mit dem Schwund an Bestäuberinsekten wie Honigbienen zusammenzuhängen. Frühere Studien zeigten beispielsweise für Pestizide der Gruppe Neonicotinoide, dass die Mittel bei Bienen Orientierungslosigkeit auslösen.

Britische Forscher um den Mediziner Christopher Connolly von der Universität Dundee haben jetzt für Neonicotinoide und die Substanzgruppe der Organophosphate konkrete Schäden am zentralen Nervensystem von Bienen nachgewiesen. Während das untersuchte Neonicotinoid dem Getreideschutz dient, wird das Organophosphat Coumaphos oft von Imkern eingesetzt. Es soll die Bienen davor schützen, von Varroamilben befallen zu werden.

Tiere können sich nichts Neues mehr merken

Setzten die Forscher die Bienen im Labor Konzentrationen der Pestizide aus, wie sie in der Praxis anzutreffen sind, veränderte sich die Hirnregion, die für das Lernen und die Erinnerung zuständig ist. Waren die Tiere beiden Pestiziden ausgesetzt, verstärkte sich der schädliche Effekt. Im Endeffekt waren die Bienen nicht mehr in der Lage, sich Neues zu merken. Damit ist die Studie die erste, die zeigt, dass Pestizide die Hirnphysiologie von nützlichen Insekten schädigt.

Koautorin Geraldine Wright von der Universität Newcastle in Newcastle upon Tyne erklärt: "Bestäuber führen bei der Nahrungssuche ein raffiniertes Verhalten durch, das von ihnen verlangt, Blüteneigenschaften zu lernen und zu erinnern, die mit Nahrung zusammenhängen." Werde diese wichtige Funktion gestört, habe das profunde Folgen für das Überleben von Bienenkolonien. "Bienen, die nicht lernen können, sind nicht in der Lage, Nahrung zu finden", betont Wright.

Die Forscher um Connolly äußern sich besorgt, dass diese und weitere Pestizide mit vergleichbarem Wirkmechanismus auch andere nützliche Insekten neurologisch schädigen könnten. Connolly weist außerdem darauf hin, dass viel über mögliche Umweltfolgen von Neonicotinoiden gesprochen worden sei. Über Pestizide gegen Milben, denen Bienen gezielt ausgesetzt werden, habe man bislang jedoch zu wenig nachgedacht. Die Forscher drücken die Hoffnung aus, dass ihre Erkenntnisse zu besseren Strategien zur Schädlingsbekämpfung führen, die selektiver die Zielorganismen treffen.

dapd