München (dapd). Ein Pfeifen, Brummen oder Klingeln im Ohr hat etwa jeder zweite Deutsche schon mal erlebt. In der Regel verschwinden diese Ohrgeräusche nach einer Weile von allein wieder. "Aber manchmal bleibt der Tinnitus auch über Monate oder sogar Jahre", sagt Michael Bialek von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) in München. "In den meisten Fällen kann man trotz gründlicher Untersuchungen weder die Ursache feststellen, noch gibt es eine Behandlung, die verlässlich zum Verstummen der Geräusche führt." Aber Maßnahmen wie eine Verhaltenstherapie können das Leben mit dem Ohrgeräusch erleichtern.
"Für ungefähr einen von 200 Patienten bedeutet der Tinnitus höchsten Stress und sie verzweifeln regelrecht daran", sagt Bialek. Das könne zu Konzentrations- und Schlafstörungen führen oder auch zu Depressionen. Eine kognitive Verhaltenstherapie könne helfen. Das Ziel dieser Therapie sei, die Wahrnehmung der Geräusche so zu verändern, dass sie weniger stören. "Meeresrauschen und eine stark befahrene Straße können messbar die gleiche Lautstärke haben. Verkehr wird als Lärm wahrgenommen, Meeresrauschen dagegen als Entspannung", erklärt Bialek den Ansatz. Mit der Verhaltenstherapie lernten Betroffene, ihre Ohrgeräusche auf ähnliche Weise anders zu bewerten. So könne der Leidensdruck sinken und der Alltag deutlich erträglicher werden.
Die Krankenkassen übernehmen laut Bialek die Kosten für eine kognitive Verhaltenstherapie, wenn der Leidensdruck der Betroffenen erheblich ist oder der Tinnitus zusammen mit einer Depression oder einer anderen Krankheit auftritt.
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