San Francisco (dapd). Affen haben buchstäblich kein Taktgefühl: Sie sind nicht in der Lage, sich rhythmisch zur Musik zu bewegen oder auch nur den Takt mitzuklopfen, weil sie den sogenannten Grundschlag einer Tonfolge nicht erkennen können. Das hat ein niederländisch-mexikanisches Forscherteam jetzt mit Hilfe von zwei Rhesusaffen gezeigt.

Menschen erfassen diese regelmäßige Abfolge von gefühlten Schlägen in einem Rhythmus dagegen ganz automatisch und ohne Probleme. Dass den Affen trotz ihrer vergleichsweise engen Verwandtschaft mit dem Menschen diese Fähigkeit vollkommen abgeht, spricht dafür, dass sie sich als eine Art Nebenwirkung der Sprache entwickelt hat, schlussfolgert das Team. Neben dem Menschen sind nur einige wenige Vogelarten bekannt, die einen Takt halten können, schreiben Henkjan Honing von der Universität in Amsterdam und seine Kollegen im Fachmagazin "PLoS one" (doi: 10.1371/journal.pone.0051369).

Schon kleine Kinder können problemlos bei einem Lied den Takt mitklatschen, und häufig schlägt man beim Musikhören sogar völlig unbewusst mit dem Fuß einen regelmäßigen Rhythmus. Trotzdem ist diese Fähigkeit nicht trivial, denn der Grundschlag eines Musikstücks wird häufig nicht explizit von einem Instrument gespielt. Im Gegenteil: Es kann sogar durchaus sein, dass der Rhythmus, also die zeitliche Abfolge von Tönen und Pausen, diesem Grundtakt nicht folgt, sondern ihn gezielt verletzt. Menschen lassen sich davon kaum irritieren, die meisten Tiere dagegen schon: Sie folgen in einem solchen Fall ausschließlich den Tonfolgen und nicht dem ursprünglichen Takt.

Eine berühmte Ausnahme ist der Kakadu Snowball: Er kann nicht nur seinen Körper rhythmisch zum Takt eines Liedes bewegen, er beschleunigt seinen Tanz auch, wenn der Grundschlag der Musik schneller wird. Auch Wellensittiche sind bis zu einem gewissen Grad in der Lage, ihre Bewegungen an den Beat eines Musikstücks anzupassen. Alle bisher getesteten Affen dagegen zeigen überhaupt keine Neigung dazu, sich von der Musik mitreißen zu lassen und sich in irgendeiner Weise rhythmisch im Takt zu wiegen. Ob die Primaten jedoch tatsächlich den Grundschlag nicht wahrnehmen oder ob sie die Information nur nicht in Bewegungen umsetzen können, sei bisher unklar geblieben, erläutern Honing und sein Team.

Reaktion auf fehlende Töne spiegelt Taktgefühl wider

Die Wissenschaftler entschieden sich daher, in ihrer Studie nicht auf die Bewegungen ihrer Versuchstiere zu achten, sondern gleich ihre Hirnströme zu messen. Die Idee dahinter: Sollten die Affen tatsächlich den Grundschlag heraushören, müsste ihre Hirnaktivität eine Reaktion zeigen, wenn einer der erwarteten Schläge in einem Rhythmus plötzlich fehlt. Bleibt diese Reaktion aus, könne man davon ausgehen, dass die Tiere das Konzept des Grundschlags nicht erfassen, erklären die Forscher.

Im eigentlichen Test spielten sie dann den beiden männlichen Rhesusaffen Aji und Yko verschiedene Tonfolgen vor. In den ersten Durchgängen konzentrierten sie sich auf die Tonhöhen und variierten dabei plötzlich ein vorher regelmäßig auftretendes Muster. Diese Abweichung hätten beide Affen ohne Probleme registriert, berichten die Wissenschaftler. Anschließend setzten sie einen ebenfalls gleichmäßigen Rhythmus aus drei verschiedenen Schlaginstrumenten zusammen und ließen bei den Testläufen immer mal wieder einen Ton weg. Einige dieser Lücken im Rhythmus blieben im Takt, andere verletzten ihn. Letzteres ist beispielsweise der Fall, wenn die stark betonte erste Note in einem Viervierteltakt fehlt.

Das Ergebnis: Für die Affen war es nahezu egal, welcher Ton fehlte, sie reagierten auf alle etwa gleich stark. Sie konnten demnach also prinzipiell erkennen, wann eine rhythmische Tonfolge begann, jedoch nicht deren Grundschlag erfassen, interpretieren die Forscher diesen Befund. Er passe zu der sogenannten Hypothese des stimmlichen Lernens: Sie geht davon aus, dass lediglich solche Tiere einem Takt folgen, die auch Laute mit ihrer Stimme nachahmen können. Dazu gehören neben dem Menschen vor allem Vögel, die ihre Gesänge meist lernen, indem sie die Lieder ihrer Artgenossen imitieren. Bei Affen dagegen ist diese Fähigkeit generell schwach ausgeprägt oder gar nicht vorhanden. Das Taktgefühl wäre demnach eine Art Nebenwirkung der Sprachentwicklung, erläutert das Team.

dapd