Bad Wörishofen (dapd-bay). "Plötzlich hat es im ganzen Haus gequalmt, wir mussten uns nasse Tücher vors Gesicht halten und dann nichts wie raus!", klagt Margot Heinen aus Bad Wörishofen. Auch Tage nach einer Rauchpanne in ihrem Kamin ist die 47-Jährige noch "völlig durch den Wind". Weil es spürbar kühler geworden ist, wollte sie den großen Kachelofen einheizen. Was sie nicht wusste: Dohlen hatten im Kamin genistet und diesen so massiv verbaut, dass der Rauch nicht abziehen konnte und sich stattdessen in der ganzen Wohnung verteilte. Eine Erfahrung, die vielen Kaminbesitzern gerade jetzt im Herbst droht.
Von Straubing über Dietramszell und Höchstädt bis Leipheim beklagen Kaminkehrer Probleme mit Dohlennestern, wie Landesinnungsmeister Oswald Wilhelm berichtete. "Kein Mensch denkt dran, dass im Frühjahr womöglich Dohlen im Kamin genistet haben, wenn im Herbst der Kachelofen erstmals wieder angefeuert wird", sagt Wilhelm. Neben den Dohlen machen hin und wieder auch Wilde Bienen, Wespen und Hornissen in den Kaminen Probleme.
Es kann sogar Lebensgefahr drohen
Kaminkehrermeister Christian Hehn und seine Mitarbeiter müssen in solchen Fällen mit Spezialwerkzeug ran. Schließlich bekommen sie dann einen beachtlichen Haufen an Ästen, Gras, Tannenzapfen und Plastikteilen aus dem Kamin. All das verwenden die Dohlen zum Nestbau. "Dohlen werfen oft lange Stöcke in die Kamine, die verkeilen sich dann und schon können sie ihr Nest darauf bauen", erläutert Hehn. Das aber kann lebensgefährlich werden. Hehn berichtet von einer jungen Frau mit zwei kleinen Kindern, bei der dieser Tage die ganze Dachwohnung verqualmte. Dadurch kann auch Rauchgas in die Wohnung gelangen und der Erstickungstod drohen.
Kerstin Pawlik vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) weiß um die Probleme mit Dohlen. Der Vogel des Jahres 2012 ist an sich ein Höhlenbrüter, wie sie erläutert. Aber immer wieder mal würden die Vögel sich einen Kamin als Nistplatz aussuchen. Und irgendwie scheinen die Tiere instinktiv an solche Kamine ranzugehen, die den Sommer über ungenutzt sind.
In Städten ist das Nisten in Kaminen übrigens häufiger als in kleineren Ortschaften, vor allem in der Nähe großer städtischer Parks, wie Pawlik weiter berichtet. So gab es ähnliche Probleme wie jetzt schwerpunktmäßig in Bad Wörishofen auch schon in Augsburg, Würzburg, München, Wiesbaden, Berlin, Dortmund und einer Reihe weiterer großer Städte. Der LBV empfiehlt: Vögel beobachten und wenn man den Eindruck hat, sie bauen ein Nest, dann sicherheitshalber den Kamin kontrollieren lassen.
Die Vogelschützer und Kaminkehrer empfehlen darüber hinaus, sich ein Dohlengitter auf dem Kamin installieren zu lassen. Das kostet – je nach Ausführung – von knapp 20 bis etwa 70 Euro plus Montage, viel weniger also als das aufwendige Entfernen eines Nestes aus dem Kamin und die oft sündhaft teure Sanierung der Wohnung nach einem Rauchunfall.
dapd