Nairobi (dapd). Die meisten gefährlichen Infektionskrankheiten stammen aus dem Tierreich: 2,4 Milliarden Krankheitsfälle und 2,2 Millionen Tote weltweit gehen auf das Konto von nur 13 Erregern, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden. Das zeigt eine neue globale Erhebung unter Leitung des International Livestock Research Institute (LIRI) in Nairobi. Zu diesen Infektionskrankheiten, den sogenannten Zoonosen, gehören unter anderem Durchfallerkrankungen, Tuberkulose, Tollwut, Toxoplasmose und Milzbrand. Am stärksten verbreitet seien diese Krankheiten in armen Ländern wie Äthiopien, Nigeria und Tansania. Aber auch in Indien und China sei die Zahl der Betroffenen groß. Die größte Gefahr für neu von Tieren auf den Menschen überspringende Infektionen bestehe aber in Westeuropa, Brasilien, dem Nordosten der USA und in Teilen Südostasiens, warnen die Wissenschaftler in ihrem Report. Allein seit 2004 habe man 30 neue Ereignisse dieser Art beobachtet.

"Von Wurmerkrankungen bis zur Vogelgrippe stellen Zoonosen eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit von Menschen und Tieren dar", sagt Erstautorin Delia Grace vom International Livestock Research Institute. Allein ein Drittel aller Durchfallerkrankungen weltweit gehe auf eine Infektion über Tiere oder Tierprodukte wie Fleisch zurück. In den Entwicklungsländern habe man beispielsweise bei 27 Prozent der Haus- und Nutztiere Anzeichen für vergangene oder aktuelle Infektionen mit bakteriellen Krankheitserregern gefunden.

Etwa 60 Prozent aller Krankheiten des Menschen stammen ursprünglich von Tieren, wie die Forscher erklären. 75 Prozent aller neu auftretenden Infektionen und Epidemien seien ebenfalls tierischen Ursprungs. Die Erreger, Bakterien, Viren oder einzellige Parasiten, existierten meist schon länger im Tierreich, sprangen dann aber auch auf den Menschen über. Das geschehe meist dann, wenn der Mensch sehr eng mit Tieren in Kontakt komme, beispielsweise bei der Viehhaltung. "Die meisten menschlichen Infektionen stammen von den 24 Milliarden Haus- und Nutztieren, die es weltweit gibt", sagen Grace und ihre Kollegen. Vor allem hohe Haltungsdichten von Geflügel und Schweinen erhöhten das Risiko für Zoonosen.

In vielen Entwicklungsländern sei die Viehhaltung der am schnellsten wachsende Bereich der Landwirtschaft. Dadurch könnten Krankheitserreger leichter auf den Menschen überspringen. Hinzu komme, dass der Klimawandel die Gefahr von Zoonosen zusätzlich erhöhe, sagen die Forscher. In Gebieten, in denen es zukünftig häufiger Regen und Überschwemmungen gebe, könnten die Erreger dann besonders leicht über verseuchtes Trinkwasser oder von Stechmücken übertragen werden. "Die neuen Ergebnisse ermöglichen es uns, Maßnahmen gezielter auf die Hotspots der Zoonosen zu konzentrieren", sagt Grace. Das trage auch zur globalen Armutsbekämpfung bei, denn diese Krankheiten schwächten nicht nur die Menschen, sondern auch die Wirtschaftskraft der stark betroffenen Länder.

Für ihre Studie hatten die Forscher mehr als tausend Studien zu Zoonosen weltweit ausgewertet und die gesundheitliche Entwicklung von zehn Millionen Menschen und sechs Millionen Tieren erfasst. Zudem werteten sie 6.000 Nahrungs- und Umweltproben aus. Im ersten Durchgang untersuchten die Wissenschaftler Daten zu 56 Zoonosen weltweit, bevor sie das Feld auf die 13 am weitesten verbreiteten Infektionskrankheiten einengten. Zu diesen gehören neben bakteriellen Erkrankungen wie beispielsweise Tuberkulose auch Wurmerkrankungen wie Zystizerkose und Echinokokkose und von einzelligen Parasiten ausgelöste Infektionen wie die Leishmaniose und die Toxoplasmose.

dapd