Mexiko-Stadt (dapd). Wir fahren mit 25 anderen zusammengepresst, teils auf heruntergeklappten Notsitzen im Mittelgang, in einem uralten Toyota-Bus. Aus der Ferne erinnert er an eine fahrende Badewanne. Asphalt wechselt sich mit Schotterpiste ab. "Wann kommt die nächste Toilette", fragt einer. Busfahrer Eduardo hält sofort und wischt sich mit dem Handtuch den Schweiß von der Stirn. "Hier?" Der Fahrer zuckt mit den Schultern. Also raus durchs Fenster und in die Büsche. Man darf nicht pingelig sein auf dem Weg von Belize City nach Guatemala.
Es werden knapp sechs Busstunden nach Flores am Lago Petén Itzá im nordwestlichen Zipfel Guatemalas. Wir sind auf der Traveller-Rennstrecke von den Mayaruinen der mexikanischen Halbinsel Yucatan zur Mayaruine von Tikal, Guatemala. Vor allem junge Rucksacktouristen füllen hier die Busse. Es gibt nur diesen einen Weg, über Belize, früher Britisch Honduras. Die Alternative mit einem Umweg von mehreren Tagen über den mexikanischen Bundesstaat Chiapas und dann quer durch Nordguatemala ist nicht wirklich eine. Zumal diese Route als noch strapaziöser gilt.
In Chetumal geht’s los
Praktisch jeder Trip nach Tikal beginnt am Busbahnhof in der stickig-heißen mexikanischen Grenzstadt Chetumal. Meist um sieben Uhr morgens. Der Tourist wählt zwischen zwei Busunternehmen. Welches das bessere ist? Die einen sagen so, die anderen so. Eine teurere Möglichkeit für die erste Hälfte ist das Wassertaxi nach San Pedro auf der Belize-Insel Ambergris Caye und der Umstieg dort in ein anderes Boot nach Belize City.
Das Gepäck wird aufs Busdach geladen, ein arbeitsloser Mexikaner hilft Eduardo beim Verschnüren der Plane gegen den wahrscheinlichen Regen. Dafür bekommt er ein paar Pesos zugesteckt. Die meisten Rucksacktouristen sind hundemüde. Sie sind in der Nacht mit dem Linienbus aus dem Norden, aus Cancún oder Tulum gekommen und wollen gleich weiter. Erst nach Belize, dann nach Guatemala. Etappe eins über drei bis vier Stunden führt auf dem gut ausgebauten Northern Highway von Belize vorbei an Zuckerrohrplantagen und Palmenhainen nach Orange Walk und weiter an eine der beiden Wassertaxi-Stationen von Belize City. Wer zum Abtauchen und Abhängen auf eine der karibischen Inseln möchte, steigt hier aus. Der Rest macht sich gleich auf zur zweiten Etappe über St. Ignacio im zentralen Westen Belizes nach Guatemala.
An der Belize-Grenzstation werden 37,50 Belize-Dollar Ausreisesteuer fällig. Und nach wenigen Metern zu Fuß kassieren die Guatemalteken in Melchor de Mencos ihre kleine Einreisesteuer. Dafür gibt es schöne Stempel in den Reisepass. Rund um die Grenzstationen buhlen Geldwechsler im Dutzend um die Gunst der Ausländer.
Etwa zwei Busstunden nach der Einreise ist man am Lago Petén Itzá. Einige steigen an der Kreuzung beim kleinen Ort El Remate aus, weil es von hier aus am Morgen nicht so weit nach Tikal und ruhiger ist. Die meisten fahren noch eine halbe Stunde weiter nach Flores, das auf einer Halbinsel im See gelegene Touristen-Zentrum. Dort gibt es auch Bars und Internet-Cafés für den Traveller.
Im Dunkeln durch den Urwald
Um sechs Uhr in der Früh treffen sich sowieso alle wieder im Dunkeln am Hauptportal zur Mayastätte Tikal. Die Trips von Flores oder El Remate werden von den Hotels und privaten Dienstleistern organisiert. Die Kleinbusse fahren vom Portal im Konvoi die 17 Kilometer bis zum zentralen Fußgänger-Eingang. Immer wieder liest man, dass auf dieser Strecke Busse von Banden überfallen werden. Touristen aus aller Welt sind so früh unterwegs, weil es zu den Höhepunkten von Tikal zählt, zum Sonnenaufgang auf Templo IV zu sein. Oft verhindert der Nebel allerdings dieses Schauspiel über dem grünen Baumdach des Urwalds. Zudem ist frühmorgens die Tierwelt am aktivsten. Gürteltiere huschen über die Pfade zwischen den Pyramiden und die Brüllaffen machen ihrem Namen alle Ehre.
Tikal ist ein Erlebnis, ebenso wie die Anreise. Zurück Richtung Mexiko bleibt es ebenfalls spannend: Wir warten an der Grenze von Guatemala zu Belize drei Stunden, weil keiner der Argentinier und Brasilianer das Entscheidende weiß. Anders als Europäer oder US-Amerikaner benötigen sie zur Einreise ein Visum. Man lernt Geduld zwischen Mexiko und Guatemala.
dapd