Tübingen (dapd). Ostern steht vor der Tür, das ist kaum zu übersehen, denn die beiden wichtigsten Symbole dieses Festes dominieren allerorts die Dekorationen: Bunte Eier und grinsende Hasen. Der Osterhase bringt uns die Ostereier, heißt es. Selber produziert hat er sie allerdings nicht – das müssen Hühner erledigen, denn die Langohren sind Säugetiere und gebären im Gegensatz zu Vögeln bereits weit entwickelte Jungtiere. Doch warum gibt es diese beiden so unterschiedlichen Fortpflanzungs-Konzepte überhaupt?

"Für die Urahnen der Plazentatiere unter den Säugetieren war es ein Vorteil, bereits weit entwickelte Jungtiere in die Welt zu setzen. Dieses Konzept haben dann alle Arten, die sich aus ihnen entwickelt haben, beibehalten", sagt Klaus Eisler vom Institut für Evolution und Ökologie der Universität Tübingen. Das Eierlegen ist zwar das weitaus ältere evolutionäre Verfahren, es hat sich aber dennoch nicht als veraltet herausgestellt: "Sowohl Eierlegen als auch das lange Austragen der Jungtiere im Körper haben Vor- und Nachteile", erklärt Eisler. Deshalb gibt es bis heute noch immer beide Konzepte nebeneinander.

"Das Verfahren der Säugetiere ermöglicht, dass bereits aktive Jungtiere zur Welt kommen. Damit verkürzt sich die Zeit, in der sie hilflos Feinden ausgeliefert sind", sagt Eisler. Feldhasen werden beispielsweise sogar besonders weit entwickelt geboren: Als typische Nestflüchter kommen die Jungtiere mit einem vollständig ausgebildeten Haarkleid und geöffneten Augen zur Welt und wiegen bereits bis zu 180 Gramm. Die Tragzeit dauert deshalb allerdings etwa 40 Tage und ein Wurf besteht meist nur aus ein bis fünf Jungtieren. "Bei Vögeln würde eine entsprechende Trächtigkeit zu Gewichtsproblem führen", sagt Eisler. "Bei ihnen hat sich die bewährte eierlegende Fortpflanzungsweise ihrer Reptilien-Vorfahren erhalten."

Die Urahnen der Säugetiere legten Eier

Doch auch die Säugetiere haben sich ursprünglich aus reptilienartigen Wesen entwickelt, die noch Eier legten. Erst im Laufe der weiteren Evolution dieser Tiergruppe hat sich die lebendgebärende Fortpflanzungsweise entwickelt und durchgesetzt. Dass die Vorfahren der Säugetiere einst ebenfalls noch Eier legten, belegen die wenigen noch heute existierende Ausnahmen: die sogenannten Kloakentiere, wie beispielsweise das Schnabeltier. Sie legen Eier, ernähren die daraus schlüpfenden Jungtiere allerdings durch Milch.

Dass die weitere Evolution der Säugetiere erneut Arten hervorbringt, die wieder Eier legen, sei nicht zu erwarten, sagt Eisler: "Einmal etablierte Systeme werden in der Regel weiterentwickelt und angepasst und nicht wieder zurückgedreht". Auch die zukünftige Evolution der Feldhasen wird deshalb vermutlich nicht zu eierlegenden Versionen der Langohren führen.

dapd