Mannheim/Würzburg (dapd). Die Adventszeit ist für viele Menschen eine Zeit der Vorfreude, erfüllt von Plätzchenduft, Kerzenlicht und festlichen Klängen. Aber nicht jeder kann diese Zeit genießen. Wer aber unter sozialen Ängsten oder Panikstörungen leidet, empfindet das nahende Weihnachtsfest häufig als Bedrohung, sagt die Psychotherapeutin und Buchautorin Doris Wolf.

"Diese Menschen fürchten, bei festlichen Zusammenkünften die Nähe von Personen ertragen zu müssen, die sie nicht treffen möchten, oder aber sie fühlen sich einsam, gerade weil sie niemanden haben, mit dem sie zusammen sein können oder wollen." Andere hätten Angst, in puncto Essen, Geschenkauswahl oder Organisation des Festes zu versagen, bewertet oder abgelehnt zu werden, zu erröten oder zu zittern. "Jeder siebte Deutsche ist oder war schon einmal wegen einer Angststörung in Behandlung", sagt die Psychotherapeutin.

Angst und Enttäuschung rund um das Weihnachtsfest seien um diese Jahreszeit auch häufig Thema in der Telefonseelsorge, berichtet Ruth Belzner, Psychologin und Vorsitzende der Evangelischen Konferenz für TelefonSeelsorge und Offene Tür. "Die Menschen geraten um die Feiertage herum ins Nachdenken über Dinge, die sie im Alltag verdrängen, Enttäuschung und Selbstzweifel brechen leichter hervor." Die Telefonseelsorger eröffneten Betroffenen dann einen Raum, in dem sie erzählen könnten, was sie bewegt, ohne bewertet oder gar verurteilt zu werden.

Anders als bei manch einem "Weihnachtsgestressten", der kokett bemerke, dass das Adventstreiben und die damit verbundene Geschäftigkeit für ihn "ein Horror" seien, treten Angst und ein Gefühl des Ausgeliefertseins bei Menschen mit Angststörungen besonders intensiv und häufig auf: "Die Angst vor der Angst dauert manchmal stundenlang an und belastet die Betroffenen sehr. So sehr, dass sie lieber wichtige Aktivitäten wie etwa das Einkaufen oder den Gang zu Freunden oder Bekannten vermeiden und ihr alltägliches Leben stark einschränken."

Dabei ist Angst zunächst einmal eine sinnvolle Alarmreaktion des Körpers, erläutert Wolf. "Der reagiert auf bestimmte Reize heute noch genauso wie bei unseren Vorfahren, die blitzschnell vor wilden Tieren flüchten, mit feindlichen Stämmen kämpfen oder sich mucksmäuschenstill zusammenducken mussten." Deshalb führe Angst dazu, dass wir schneller und tiefer atmen, dass sich unsere Muskeln anspannen und Puls und Blutdruck in die Höhe schnellen. Gleichzeitig kreisen unsere Gedanken nur noch um die Gefahr.

Ebenso wie Angstreaktionen erlernt würden, könnten sie aber auch wieder verlernt werden, betont Wolf. Betroffene sollten dabei zunächst darauf achten, welche Gedanken und Befürchtungen Ihrem Angstgefühl vorausgehen. Dann sollten sie sich fragen: "Ist es wirklich so, dass all dies eintreffen wird, oder übertreibe ich das Ausmaß der Gefahr? Welche Möglichkeiten habe ich, das zu verhindern?"

Schritt für Schritt sollten sie dann die in Wirklichkeit ungefährlichen Situationen aufsuchen, die Sie bisher gemieden haben, und sich dabei sagen: "Ich weiß, dass all meine körperlichen Symptome auftauchen werden. Sie sind das Ergebnis meiner Gedanken. Sie werden vorübergehen. Ich kann es ertragen, sie sind nur unangenehm." Psychologin Wolf hält es vor allem für wichtig, in der Situation zu bleiben, bis die Angst nachlässt.

Um das leichter zu ertragen, rät sie, eine Entspannungstechnik wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung zu erlernen: "Angst und Entspannung können wir nicht gleichzeitig empfinden." Da es aber sehr viel Energie koste, sich seiner Angst auf diese Art zu stellen, sei "für manche Menschen eine therapeutische Unterstützung sehr hilfreich."

dapd